Fußball-Nationalmannschaft Aufarbeitung beginnt mit Gipfeltreffen

Frankfurt · Joachim Löw und Oliver Bierhoff müssen sich heute vor Vertretern des DFB, der DFL und der Topvereine erklären.

Wenn es für Joachim Löw und Oliver Bierhoff optimal läuft, können sie schon beim Auftakt in ihre „tollen Tage“ den Kampf gegen den WM-Kater gewinnen. Mit einem Gipfeltreffen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) beginnt heute die heiße Phase der WM-Aufarbeitung. Sollte die angezählte Führung der Nationalmannschaft die Spitzenfunktionäre in einem Austausch mit ihren Auskünften überzeugen, dürfte der Gang vor das DFB-Präsidium (Freitag) und die Bekanntgabe des Kaders für den Neustart (29. August) nur noch halb so schwer werden.

Die Liste der Teilnehmer des „Krisengipfels“ in Frankfurt liest sich wie das „Who is Who“ des deutschen Fußballs. DFB-Präsident Reinhard Grindel, DFL-Präsident Reinhard Rauball, Vertreter der Topclubs um Bayern München sowie Abgesandte anderer Profivereine wie Ex-DFB-Teamchef Rudi Völler (Bayer Leverkusen) werden hören, was der Bundestrainer und der Nationalmannschaftsdirektor zu sagen haben. Da Grindel gemeinsam mit Rauball eingeladen hat, soll ein Schulterschluss inszeniert werden – um die Bewerbung für EM-Endrunde 2024 nicht zu gefährden.

Im Vorfeld des Treffens ließ Grindel bereits tiefgreifende Veränderungen anklingen. In der DFB-Struktur soll Bierhoff entlastet werden. Grindel kündigte die Wiedereinstellung eines Sportdirektors sowie eines Leiters für das Akademie-Projekt an, die dann aber weiter Bierhoff unterstellt sein werden. Zudem denke er an „mehr öffentliche Trainingseinheiten“ und „niedrigere Ticketpreise“. Auch der von Bierhoff ins Leben gerufene Begriff „Die Mannschaft“ soll auf den Prüfstand kommen.

Das Lob von Bayern-Präsident Uli Hoeneß in Richtung von Grindel im Vorfeld des Treffens legt die Vermutung nahe, dass der DFB-Boss den Branchenführer bereits ins Boot geholt hat. Es sei gut gewesen, „keine Schnellschlüsse“ vorzunehmen, hatte Hoeneß gesagt. Klar sei, „dass sich am Ende das ein oder andere ändern muss“. In diesem Zusammenhang forderte der 66-Jährige wieder mehr Fan-Nähe und das Nachdenken über den Umfang der Marketing-Maßnahmen.

In diesen Bereichen ist Bierhoff gefragt. Löw wird andere Antworten geben müssen. Die veraltete Spielweise, sein kritisierter Führungsstil, die Kader-Zusammensetzung, die Auswirkungen der Erdogan-Affäre, die Überheblichkeit der Stars und der mangelnde Zusammenhalt sind nur einige der Themen. Mit Blick auf die Nominierung des Kaders für die Spiele am 6. September in München gegen Weltmeister Frankreich und am 9. September in Sinsheim gegen Peru hat Kapitän Manuel Neuer bereits die Richtung vorgegeben. „Wir brauchen Spieler, die hungrig sind. Spieler, die besessen davon sind, mit Stolz für die Nationalmannschaft spielen zu können und auch wollen“, sagte Neuer.

Ähnlich äußerte sich Toni Kroos. Die Mannschaft müsse „wieder dahinkommen, dass jeder sein Ego in den Hintergrund stellt, sich und seine Stärken zum Wohl des Teams einbringt und der mannschaftliche Erfolg im Mittelpunkt steht“, sagt er.

Wie groß die Veränderungen im Kader sein werden, ist noch offen. Bisher haben lediglich Mesut Özil und Mario Gomez (mit Hintertürchen) ihren Rücktritt erklärt. Als erstes wird wohl das DFB-Präsidium bei seiner Sitzung vor dem Bundesliga-Auftakt am Freitag in München über das Personal informiert, das den viermaligen Weltmeister aus der Krise führen soll.

Falls Löw einen vernünftigen Plan vorlegen kann, dürfte es bis zum 27. September kein Störfeuer vonseiten der Funktionäre und Clubs mehr geben. An diesem Tag vergibt die Europäische Fußball-Union die EM-Endrunde – an Deutschland oder die Türkei. Was danach passiert, ist offen. Löw, Bierhoff und Grindel helfen jedenfalls nur Erfolge auf und abseits des Platzes.

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