Auf Schatten folgt Licht Arbeitssieg macht Mut für Peking

Stuttgart. Normalerweise spart er sich Worte wie dieses lange auf. Bundestrainer Heiner Brand formuliert eher abwägend und zurückhaltend. Doch die Nominierungsregeln für das olympische Handballturnier in Peking (9.-24. August) hält er schlichtweg für einen "Skandal", den man freilich zu akzeptieren habe. Nur 14 Athleten und einen Ersatzmann hat der 55-Jährige zur Verfügung

 Zurück in seinem Element: Kreisläufer Christian Schwarzer zeigte bei den Spielen gegen Schweden gewohnten Einsatz und erzielte insgesamt vier Tore. Foto: Walz

Zurück in seinem Element: Kreisläufer Christian Schwarzer zeigte bei den Spielen gegen Schweden gewohnten Einsatz und erzielte insgesamt vier Tore. Foto: Walz

Stuttgart. Normalerweise spart er sich Worte wie dieses lange auf. Bundestrainer Heiner Brand formuliert eher abwägend und zurückhaltend. Doch die Nominierungsregeln für das olympische Handballturnier in Peking (9.-24. August) hält er schlichtweg für einen "Skandal", den man freilich zu akzeptieren habe. Nur 14 Athleten und einen Ersatzmann hat der 55-Jährige zur Verfügung.

Umso länger rang Brand mit sich, bevor er am späten Samstagabend seinen Kader bekannt gab, der sich im Verletzungsfall bis zur Technischen Sitzung am Vorabend des olympischen Turniers ändern kann. "Es tut einem auch selbst weh, wenn man Spielern sagen muss, dass sie nicht dabei sind", erklärte der Bundestrainer nach dem ersten Testspiel am Samstag in Mannheim gegen Schweden (25:27), das noch einige Schwächen offenbarte. Den zweiten Test gewann der Weltmeister gestern in Stuttgart nach deutlicher Leistungssteigerung mit 29:22.

Mit diesen Mannschaftsstärken, kritisieren Brand und Kollegen wie Juan Carlos Pastor (Spanien) und Ulrik Wilbek (Dänemark) einhellig, entwickle sich das Turnier für die Kontaktsportart Handball zu einem reinen Glücksspiel. Für den Fall eines verletzten Torhüters muss ein Feldspieler diese Position einnehmen - ein Risiko, das Brand in Kauf nimmt, da er mit Michael Haaß einen Allrounder für das Feld als Ersatzmann nominiert hat.

Der Kader unterscheidet sich nur in Nuancen von jener Mannschaft, die im Februar 2007 in der Kölnarena zum dritten deutschen Weltmeistertitel stürmte. Allein der plötzliche Rücktritt des Kapitäns Markus Baur (TBV Lemgo) erforderte eine Umstellung auf der zentralen Aufbauposition. Baur, lange Jahre das Gehirn des deutschen Positionsspiels, wird nun von einem Nobody ersetzt, zumindest was internationale Maßstäbe angeht. Denn Oliver Köhrmann lief gestern in Stuttgart erst das zehnte Mal in den deutschen Farben auf. Auch über Europapokalerfahrung verfügt der 31-Jährige nicht. Umso erleichterter registrierte Brand den deutlichen Formanstieg Köhrmanns in den beiden Länderspielen vom Wochenende.

Die Rolle als verlängerter Arm des Bundestrainers auf dem Feld übernimmt wieder Christian Schwarzer. Als der 38-jährige Kreisläufer zu seinen ersten Länderspielen seit dem WM-Finale auflief, feierten die Fans den "Motivator und spielenden Mythos" (Brand) überschwänglich. Und Schwarzer zeigte sofort wieder diese pure Leidenschaft, als er auf die freien Bälle sprang, als gebe es kein Morgen. Stuttgart. Die deutschen Handball-Frauen haben sich mit einem Arbeitssieg gegen Olympia-Kontrahent Schweden Mut für Peking gemacht. Im zweiten Vergleich mit den Skandinavierinnen binnen 24 Stunden setzte sich der WM-Dritte am Sonntag in Stuttgart mit 27:24 durch und revanchierte sich für das 21:21 am Vortag in Mannheim. Vor 4000 Zuschauern in der Porsche Arena war Grit Jurack (8/2) beste deutsche Werferin. "Uns fehlt noch der Feinschliff", bekannte Welthandballerin Nadine Krause.

Wie schon am Vortag ließ Bundestrainer Armin Emrich nur seine 15 für Olympia benannten Spielerinnen auflaufen. Trotzdem gelang es dem Gastgeber nicht, sich von den Schwedinnen abzusetzen, weil die Abwehr noch zu viele Abstimmungsprobleme offenbarte. Auch im Angriff lief es nicht rund. Die Schwedinnen, am 15. August in Peking Gruppengegner in der Vorrunde, hielten die Partie bis zum 9:9 (19.) offen. Mit einem Zwischenspurt verschaffte sich der Gastgeber einen 14:10-Vorsprung (27.) und ging mit einer 15:13-Führung in die Pause.

Allerdings brachte sich die deutsche Mannschaft durch ihre Abschlussschwäche selbst in Bedrängnis. Die 18:15-Führung (37.) war beim 18:18 (39.) wieder aufgebraucht, und der Gastgeber musste bis zum Ende um den Sieg kämpfen. dpa

Auf einen Blick

Das Olympia-Aufgebot der deutschen Männer:

Tor: Henning Fritz (Rhein-Neckar Löwen/233 Länderspiele/0 Tore), Johannes Bitter (92/2) - Feld: Pascal Hens (beide HSV Hamburg/150/441), Oliver Roggisch (Rhein-Neckar Löwen/90/23), Dominik Klein (THW Kiel/68/135), Oliver Köhrmann (TV Großwallstadt/10/9), Holger Glandorf (HSG Nordhorn/85/276), Christian Zeitz (THW Kiel/159/454), Torsten Jansen (HSV Hamburg/143/393), Andrej Klimovets (Rhein-Neckar Löwen/65/162), Michael Kraus/63/151), Florian Kehrmann (TBV Lemgo/216/793), Lars Kaufmann (TBV Lemgo/50/84), Michael Haaß (GWD Minden/22/20), Christian Schwarzer (Rhein-Neckar Löwen/312/953).

Das Olympia-Aufgebot der deutschen Frauen:

Tor: Sabine Englert (Hypo Niederösterreich/136 Länderspiele/2 Tore), Katja Schülke (HC Leipzig/20/0), Clara Woltering (Bayer Leverkusen/80/0) - Feld: Nadine Härdter (Thüringer HC/122/190), Grit Jurack (Viborg HK/Dänemark/258/1360), Nina Wörz (Randers HK/Dänemark/131/249), Anne Müller (81/113), Laura Steinbach (6/7), Anna Loerper (alle Bayer Leverkusen/75/86), Mandy Hering (FHC Frankfurt/Oder/39/74), Nadine Krause (FC Kopenhagen/Dänemark/142/586), Sabrina Neukamp (Leverkusen/67/94), Maren Baumbach (FC Kopenhagen/Dänemark/112/326), Stefanie Melbeck (KIF Vejen Kolding/Dänemark/175/380), Anja Althaus (Viborg HK/Dänemark/123/249). dpa

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