Auf nationaler Mission

Winnipeg · Für die USA ist es eine nationale Mission. Seit 1999 wartet die Frauenfußball-Großmacht auf den dritten WM-Triumph. Bei den Titelkämpfen in Kanada läuft es bislang für die erfahrene Mannschaft ordentlich.

Die Tränen von Frankfurt sind der Antrieb für Kanada: Das Final-Drama der Frauenfußball-WM 2011, als die USA als Topfavorit im Elfmeterschießen gegen Japan verloren, nagt bis heute an den Spielerinnen. "Ich habe vier Jahre lang immer wieder an dieses Spiel gedacht", sagte die langjährige Frankfurterin Ali Krieger .

"Wir haben dieses Spiel damals verloren, Japan hat uns nicht geschlagen", beschreibt Star-Torhüterin Hope Solo das Gefühl, das sie seit dem 1:3 im Elfmeterschießen am 17. Juli 2011 mit sich trägt. Der neue Anlauf im Nachbarland soll anders laufen. "Wir müssen sicherstellen, dass uns das nie wieder passiert", forderte Krieger : "Wir haben es verdient, dieses Mal zu gewinnen."

Auch für die zahlreich mitreisenden Fans zählt nur der dritte WM-Triumph nach 1991 und 1999. Bislang liegt das Team im Soll. Auf den standesgemäßen 3:1-Erfolg gegen Australien folgte ein torloses Remis gegen Schweden. In der Vorrundengruppe D liegen die USA vorne.

Die große Herausforderung gehen die US-Stars selbstbewusst an. "Unser breiter Kader ist unsere Stärke", sagte die frühere Weltfußballerin Abby Wambach, gegen Schweden erst in der 68. Minute eingewechselt. Die 35-Jährige ist die emotionale Anführerin des Teams, das mit einem Altersdurchschnitt von fast 29 Jahren so viel Erfahrung wie kein anderes Team bei der Endrunde zu bieten hat. Um sich voll auf die WM zu konzentrieren, entschied Wambach in Absprache mit dem Verband, die im April begonnene Saison in der US-Liga sausen zu lassen. Für die Weltrekord-Torschützin (182 Tore in 242 Länderspielen), die die mittlerweile zurückgezogene Klage gegen die Austragung der WM auf Kunstrasen angeführt hatte, zählt für das "märchenhaftes Ende" ihrer Karriere nur noch dieser Titel, dem die zweimalige Olympiasiegerin bislang erfolglos hinterher lief.

Doch das Team weiß auch, wie schwer diese Aufgabe wird bei der ersten WM mit 24 Teams. "Wir wollen erst einmal guten Fußball spielen und die Vorrunde überstehen", sagte Wambach, wobei das sicherlich untertrieben ist. Denn selbst bei einer Niederlage im abschließenden Spiel gegen Nigeria würden die Amerikanerinnen weiterkommen. Nur entspräche das nicht dem Anspruch. Weder dem der Fans noch den eigenen - dafür ist die Erinnerung an das WM-Finale vor vier Jahren noch zu frisch.Gegen Thailand wieder die Torfabrik anschmeißen und dann als Gruppensieger schnell zurück nach Ottawa: Im wenig aufregenden Winnipeg konzentrierten sich die deutschen Fußballerinnen vor dem heutigen Vorrundenabschluss (22 Uhr/ZDF und Eurosport) auf das Wesentliche. Auf Rechenspiele und Was-wäre-wenn-Szenarien für das WM-Achtelfinale haben die Spielerinnen keine Lust. "Ich bin hier nicht bei der Mathematik-Olympiade", sagte Linksverteidigerin Tabea Kemme: "Wenn wir unseren Titeltraum verwirklichen wollen, müssen wir jeden Gegner schlagen."

Die Ausgangslage ist erst einmal einfach: Deutschland geht mit vier Zählern als Tabellenführer der Gruppe B ins letzte Vorrundenspiel, die punktgleichen Norwegerinnen treffen zeitgleich auf die Elfenbeinküste. Gewinnen beide Favoriten wie erwartet deutlich, müsste Norwegen für Platz eins im Fernduell noch sechs Treffer für die zunächst ausschlaggebende Tordifferenz aufholen - eher unwahrscheinlich.

Was den ersten Gegner in der K.o.-Runde angeht, erübrigen sich jegliche Rechenspiele, denn es bleibt bis zum Abschluss der Vorrunde alles offen. Als Erster kommt es zum Duell mit einem der besten Gruppendritten aus den Staffeln A, C oder D (derzeit Niederlande, Kamerun oder Schweden), auf den Zweiten wartet der Zweite der Gruppe F (derzeit England). Auf jeden Fall aber hat der Gruppensieger die weniger anstrengende Reiseroute. Vom Achtelfinale in Ottawa ginge es für das Viertel- und Halbfinale ins 200 Kilometer entfernte Montréal. Der Zweitplatzierte muss für die Runde der letzten Acht mal eben über fünf Stunden rüber an die Westküste nach Vancouver fliegen.

Bundestrainerin Silvia Neid wird gegen den Weltranglisten-29. der ein oder anderen Leistungsträgerin eine Pause gönnen. Simone Laudehr (Bauchmuskelzerrung) und Alexandra Popp (Kniereizung) laborieren an Blessuren aus dem Norwegen-Spiel (1:1). Melanie Leupolz ist nach ihrer beim 10:0 gegen die Elfenbeinküste erlittenen Schambeinprellung wieder fit.

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Auf einen BlickTitelverteidiger Japan und Brasilien stehen als erste Teams im Achtelfinale der Weltmeisterschaft. Die Südamerikanerinnen landeten mit dem 1:0 (1:0) gegen Spanien den zweiten Sieg in der Gruppe E. Japan besiegte Kamerun mit 2:1 (2:0). Ebenfalls vor dem Achtelfinaleinzug steht die in der Gruppe D hinter Japan zweitplatzierte Schweiz nach einem 10:1 (2:1)-Kantersieg über Ecuador. Spannend geht es in der Gruppe F zu, wo Geheimfavorit Frankreich nach der 0:2 (0:1)-Niederlage gegen Kolumbien um den direkten Einzug ins Achtelfinale bangen muss. Kolumbien und England (2:1 gegen Mexiko) stehen in der Tabelle vor den Französinnen. dpa

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