Auf der Suche nach künftigen OlympionikenNeue Sporthalle verspricht bessere Trainingsbedingungen"Wildwasserkanu hat mich an den Rand der Verzweiflung gebracht"

Saarbrücken. Das Jahr 2005 war das "Jahr X" für das Gymnasium am Rotenbühl - der Deutsche Sportbund (heute Deutscher Olympischer Sportbund) hat die Schule damals mit dem Siegel "Eliteschule des Sports" ausgezeichnet

Saarbrücken. Das Jahr 2005 war das "Jahr X" für das Gymnasium am Rotenbühl - der Deutsche Sportbund (heute Deutscher Olympischer Sportbund) hat die Schule damals mit dem Siegel "Eliteschule des Sports" ausgezeichnet. Das Ziel: die Schülerinnen und Schüler so ausbilden, dass sie nach dem Schulabschluss den Sprung an die internationale Spitze ihrer Sportart schaffen und sich bestenfalls für die Olympischen Spiele qualifizieren. Heute, vier Jahre später, ist die Frage durchaus erlaubt: Ist das Gymnasium am Rotenbühl dem gewachsen? Wo sind die Athleten, die eine Chance haben, 2012 in London an den Start zu gehen?

"Als Eliteschule des Sports haben wir einen Riesenerfolg", sagt Schulleiter Franz Josef Kiefer, "in dem Umfang hätte ich das nicht gedacht." Und tatsächlich: Eine Vielzahl von Schülern des Gymnasiums hat nationale und internationale Erfolge errungen. Bei den Junioren-Europameisterschaften und -Weltmeisterschaften kann sich die Schule mit zwölf Medaillen seit der Einführung des Sportzweigs im Jahr 2003 brüsten. Laura Vetterlein (Fußball), Lucien Haßdenteufel (Schwimmen) und Jessica Wenzel (Leichtathletik) haben sogar bei den jeweiligen Europameisterschaften sogar Gold gewonnen.

Sind sie diejenigen Schüler beziehungsweise Absolventen, die in London dabei sein könnten? Lothar Altmeyer (Foto: Honk), der Leiter des Sportzweiges der Schule, sieht in jedem Sportschüler Potenzial. Aber wirklich ganz nach oben - zu Olympia? "Die Teilnahme an den Spielen ist natürlich das Ziel, auf das wir mit den Schülern hinarbeiten. Und ganz sicher ist Dieter Domke ein Kandidat für 2012", glaubt Altmeyer. Das Badminton-Talent, das vor der Saison zum deutschen Meister 1. BC Bischmisheim gewechselt ist, hat die Schulzeit gerade hinter sich. Gleiches gilt für die Fußballerin Josephine Henning, die den 1. FC Saarbrücken verlassen und sich dem deutschen Meister Turbine Potsdam angeschlossen hat. Auch sie ist eine Kandidatin. Und nicht zuletzt sei Lucien Haßdenteufel "eine ganz große Hoffnung", sagt Altmeyer. Der 19-Jährige, der sein Abitur ebenfalls schon in der Tasche hat, ist gerade für die Kurzbahn-EM in Istanbul nominiert worden. Seine erste große Meisterschaft bei den Aktiven.

Aktuell sind 200 Sportschüler am Rotenbühl, die wie Haßdenteufel und Co. von Olympischen Spielen träumen. 21 davon haben immerhin schon den Sprung in den Bundeskader geschafft. Um ihre Ausbildung zu optimieren, fordert Schulleiter Kiefer die Einstellung von Lehrertrainern. "Bei allen anderen Eliteschulen ist das so. Wir brauchen Leute, die am Olympiastützpunkt arbeiten und auch bei uns als Lehrer. Das schafft ein größeres Verständnis für die Athleten." Und das wiederum soll sich auf die Ausbildung auswirken - in schulischer wie in sportlicher Hinsicht. Damit auch in Zukunft Olympioniken in Saarland heranwachsen können. Saarbrücken. "Durch Spitzenleistungen erfahren wir Aufmerksamkeit - in der Bundesrepublik und international", begründet Bildungsminister Klaus Kessler, warum es wichtig ist, den Sportzweig des Gymnasiums am Rotenbühl, der Eliteschule des Sports im Saarland, zu fördern. Aber Talente, die diese Leistungen erbringen, fallen nicht von Himmel. Dahinter steckt Arbeit. Und es ist kein Geheimnis, denn darin sind sich alle Beteiligten einig, dass die Rahmenbedingungen hierfür noch ausbaufähig sind.

Stellvertreter für Altmeyer

Lothar Altmeyer ist der Leiter des Sportzweiges an der Eliteschule. Eine immense Herausforderung für eine einzige Person. Immerhin muss er die 200 Sportschüler allein betreuen. "Die Stelle eines stellvertretenden Leiters ist schon ausgeschrieben, aber noch nicht besetzt. Ich hoffe, dass sich bis zum Jahresende etwas tut, das ist dringend erforderlich", sagt Altmeyer. Sein Stellvertreter würde sich künftig um die Koordination von "Jugend trainiert für Olympia" kümmern, Altmeyer um die Betreuung der Bundeskaderathleten.

"Das Wichtigste", findet aber Schulleiter Franz Josef Kiefer, "sind bessere Trainingsbedingungen". Die Schule setzt auf den geplanten Neubau einer Multifunktionssporthalle an der Hermann-Neuberger-Sportschule. 2011 soll die Halle stehen (die SZ berichtete). "Dort können wir Training und Schule besser verbinden", erklärt Kiefer, "denn es wird Funktionsräume für den Unterricht geben." Ohnehin soll das gesamte System verfeinert werden, sagt Kiefer. Dazu gehören seiner Aussage zufolge auch die Verschlankung der Lehrpläne für Sportschüler sowie die Einstellung von Lehrertrainern.

Wenige Internatsplätze

Die meisten Athleten des Gymnasiums kommen aus dem ganzen Saarland, nehmen täglich organisatorische Hürden, um zur Schule nach Saarbrücken zu kommen. Andere ziehen extra ins Saarland, um zum Rotenbühl zu kommen. Den vielen Anfragen, einen der begehrten Internatsplätze an der Sportschule zu bekommen, kann Lothar Altmeyer gar nicht gerecht werden. "Wöchentlich kommen Anfragen", sagt er. "Aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen. Aber die können wir gar nicht alle unterbringen." 18 Plätze hat die Schule aktuell. Zumindest vorerst ist hier keine Besserung in Sicht.

Einen Erfolg kann die Schule dagegen mit der Verlängerung ihres Sponsorvertrages mit dem Energieunternehmen EnergieSaarLorLux vermelden. "Sie übernehmen unsere Ausstattung. Und wir haben die Möglichkeit, Veranstaltungen zu machen, da unser Sponsor die Kosten übernimmt", erläutert Schulleiter Kiefer. Dass eine Schule derart gesponsert wird, ist eine Besonderheit. "Diese Schule hat einen Sonderstatus", erklärt Bildungsminister Kessler, "das kann man nicht in der Fläche machen, sondern nur an ausgesuchten Standorten."

Ein solcher Standort ist das Gymnasium am Rotenbühl - und wie der Bildungsminister versichert, habe die Landesregierung ein großes Interesse daran, dass der Sport auch über diese Einrichtung gefördert wird. "Ich habe die Entwicklung seit Jahren mitverfolgt", sagt Kessler, "und das Saarland hat hier viel zu bieten." cjo

Herr Kiefer, wenn Sie einen Weihnachtswunsch für das Gymnasium am Rotenbühl äußern könnten - welcher wäre das?

Franz Josef Kiefer: Mein Wunsch wäre, weitere Unterstützung durch die Landesregierung für unsere Athleten zu bekommen. Außerdem wünsche ich mir mehr Sensibilität in der Gesellschaft. Jeder will Leistungssport sehen, aber keiner will sich darum kümmern. Bei uns wird kein Usain Bolt rauskommen, aber wir müssen auch mit den Leistungen zufrieden sein, die wir erbringen.

Was ist denn Ihre Lieblingssportart? Und warum?

Kiefer: Ich selbst mag Leichtathletik und Ballsportarten wie Fußball und Basketball sehr gerne. In der Jugend habe ich viele Leichtathletik-Wettkämpfe gemacht und schaue es auch heute noch gerne. Das hängt vor allem mit der Sozialisation zusammen. Ich war früher in einem Internat, da hatte die Leichtathletik einen hohen Stellenwert. Und außerdem war man schnell sehr erfolgreich, das war natürlich auch eine Droge.

Was war die exotischste Sportart, die Sie bisher kennen gelernt haben?

Kiefer: Wildwasserkanu. Das war in Frankreich, ich musste es damals wegen meines Sportstudiums machen. Und es hat mich an den Rand der Verzweiflung gebracht. Ich hatte Mühe, nicht ins Wasser zu fallen. Produktion dieser Seite:

Kai Klankert

Mark Weishaupt "Die Teilnahme an den Spielen ist das Ziel,

auf das wir mit den Schülern hinarbeiten."

Lothar Altmeyer,

Leiter des Sportzweiges

am Gymnasium

am Rotenbühl

Auf einen Blick

Aktuelle Bundeskaderathleten des Gymnasiums am Rotenbühl:

Badminton: Dominic Becker (BC Bischmisheim).

Fußball: Laura Vetterlein (1. FC Saarbrücken).

Gerätturnen: Pauline Schäfer (TV Pflugscheid).

Leichtathletik: Pascal Koehl, Nils Westrich (beide LA-Team Saar), Jenna Pletsch (Saar 05).

Ringen: Marc-Antonio von Tugginer (KSV Köllerbach).

Sportgymnastik: Adelina Arifi (TV Rehlingen).

Schwimmen: Sarah Bosslet (Wsf St. Ingbert), Sebastian Lotze (Wsf Zweibrücken), Julika Niegisch (DJK Dudweiler).

Tennis: Lukas Clemens (TC Rotenbühl), David Felix (TC Niederwürzbach).

Tischtennis: Ann-Kathrin Herges (ATSV Saarbr.).

Triathlon: Marlene Gomez-Islinger (DJK Weiden), Hanna Philippin (VfL Sindelfingen), Tobias Klesen, Micha Zimmer, Marian Schmidt (alle Tri-Sport Saar-Hochwald), Anna Kempf, Michael Wocker (beide DJK St. Ingbert). cjo

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