Auf den Spuren der Söldner

Köllerbach. Georgi Sredkov (22) schaut sich das Kampfgeschehen in der Köllerbacher Kyllberghalle entspannt an. Er selbst kann derzeit nicht für seinen KSV Köllerbach auf die Matte gehen. Denn zum Saisonauftakt gegen Freiburg (19:15) hat sich der 96-Kilo-Freistil-Athlet aus Bulgarien die Schulter ausgekugelt

Köllerbach. Georgi Sredkov (22) schaut sich das Kampfgeschehen in der Köllerbacher Kyllberghalle entspannt an. Er selbst kann derzeit nicht für seinen KSV Köllerbach auf die Matte gehen. Denn zum Saisonauftakt gegen Freiburg (19:15) hat sich der 96-Kilo-Freistil-Athlet aus Bulgarien die Schulter ausgekugelt. So schaut Sredkov seinen Teamkollegen von der Tribüne aus zu - und scherzt ab und an mit dem ebenfalls verletzten KSV-Ringer Timo Badusch. Auf Deutsch wohlgemerkt.

Sredkov, der seit drei Jahren in Deutschland ringt, ist einer von vielen Ausländern in der Ringer-Bundesliga. Wie viele es in dieser Saison sind, darüber liegen beim Deutschen Ringer-Bund (DRB) keine genauen Zahlen vor. Doch im vergangenen Jahr erfasste der europäische Dachverband CELA (European Council of Associated Wrestling) 312 Wechsel. Davon gingen 279 in deutsche Ligen.

Georgi Sredkov ist jedoch eine Ausnahme. Nicht jeder ausländische Ringer zeigt den Willen oder schafft es, so gut deutsch zu lernen wie der 22-Jährige. "Für mich ist das eine Möglichkeit, und diese will ich nutzen", erklärt Sredkov und merkt lachend an: "Die größte Motivation, Deutsch zu lernen, sind hübsche Mädchen."

Die Motivation der Vereine, auf ausländische Athleten zurückgreifen, ist eindeutiger. "Ohne die Verstärkung aus dem Ausland kann keine Mannschaft erfolgreich ringen", erklärt Boris B., ein Vermittler, der nicht genannt werden möchte. Dies sieht Hüseyin Dincay aus dem Köllerbacher Trainerteam ähnlich. "Wenn man alle deutschen Einzelmeister in einer Mannschaft hätte, würde man kein Mannschafts-Meister werden", erklärt er. Die ausländischen Ringer gelten also als Verstärkung. Und zwar als kostengünstige. "Ein Spitzenringer aus dem EU-Ausland verlangt nicht mehr als ein mittelmäßiger deutscher Ringer", erklärt Köllerbachs Vorsitzender Hilmar Rehlinger.

Und was reizt die Sportler am Engagement in Deutschland? Einerseits gibt es vor allem in den osteuropäischen Ländern keinen vergleichbaren Liga-Betrieb. Und Sredkov, der in seiner Heimat demnächst sein Tourismus-Studium abschließt, erklärt: "Man will sich weiterentwickeln, Erfahrung sammeln und sich beweisen. Und Geld ist auch ein Grund. Für mich es nicht so wichtig, aber für andere bestimmt." Denn die ausländischen Ringer müssen auch Entbehrungen auf sich nehmen. Der 22-Jährige gesteht: "Ringen ist ein schwerer Sport. Wenn ich unter Druck stehe, denke ich an meine Familie, meine Heimat."

Doch wie kommen die Vereine eigentlich an die Sportler aus dem Ausland, aus Georgien, Bulgarien, der Türkei? In Köllerbach besitzt Dincay viele Kontakte in sein Heimatland Bulgarien. "Ich kenne dort fast die komplette Ringer-Welt", sagt er. "Manche Vermittler haben keine Ahnung, welcher Sportler in unsere Mannschaft passt. Es bringt nichts, wenn man den Olympiasieger verpflichtet und er nicht in die Mannschaft passt. Die Jungs müssen auch mit Herz auf die Matte gehen." Um andere Sportler - wie die Polen Sylwester Charzewski oder Radoslaw Marcinkiewicz - zu verpflichten, wenden sich die Verantwortlichen des KSV Köllerbach dann doch an Vermittler wie den Polen Michal Lojewski.

Der 30-jährige Lojewski hat selbst früher beim SC 04 Nürnberg in Deutschland gerungen. Hat daher noch gute Kontakte nach Deutschland. In Polen vertreibt er hauptberuflich Ringer-Ausrüstung. Daneben ist er Trainer. Seine Vermittler-Tätigkeit sei nur "ein Hobby", wie er sagt. Denn Geld sehen die Vermittler von den Vereinen nur selten. Eher von den Sportlern. "Ich bekomme einen gewissen Prozentsatz von der Kampfprämie", erklärt Lojewski, der sich nach dem EU-Beitritt Polens zu einer Vermittler-Tätigkeit entschied. Lojewski kümmert sich nach Vertragsabschluss weiter um den Sportler. "Praktisch von A bis Z", erklärt der Pole.

Er hilft etwa bei Sprachproblemen. Oder wenn Flüge gebucht werden müssen. Denn die ausländischen Sportler reisen oft erst einen Tag vor Kampf an, um nach getaner Arbeit am gleichen Wochenende wieder abzureisen. "Das ist aber unterschiedlich. Je nachdem, ob die Athleten Familie oder Beruf in ihrer Heimat haben. Manche bleiben auch länger", berichtet der Vermittler.

Zu viele Ausländer in den deutschen Ligen sind dem Deutschen Ringer-Bund ein Dorn im Auge. Daher gibt es mittlerweile eine Regelung, dass die Bundesliga-Vereine mindestens drei deutsche Ringer auf die Matte schicken müssen. Einer davon muss jünger 23 Jahre sein. Ist dies nicht der Fall, müssen vier deutsche Athleten antreten. Eine Regelung, die bei den Vereinen offenbar ankommt. "Vor Jahren wäre es undenkbar gewesen, Nachwuchsringer wie Manuel Pitz oder Erdi Dincay einzusetzen. Da hatte jeder Verein eine Weltauswahl, deshalb ist die Regelung des DRB gut", sagt KSV-Trainer Dincay. Doch auf Ringer wie Georgi Sredkov und dementsprechend auf Erfolg wollen die meisten Vereine nicht verzichten. Auch der KSV Köllerbach nicht. "Wenn man alle deutschen Einzelmeister in einer Mannschaft hätte, würde man kein Mannschafts-

Meister werden."

Hüseyin Dincay,

Trainer des

KSV Köllerbach

Auf einen Blick

Der KSV Köllerbach will am Samstag in der Ringer-Bundesliga den sechsten Sieg einfahren. In der heimischen Kyllberg-Halle heißt der Gegner ASV Nendingen (ab 19.30 Uhr). "Wir dürfen den Gegner nicht unterschätzen. Doch es sollte eine Aufgabe sein, die wir lösen können", erklärt KSV-Cheftrainer Thomas Geid. Im Duell gegen den Tabellenfünften wird Geid seine Mannschaft auf drei bis vier Positionen ändern: "Wir müssen mit unseren Kräften haushalten." rix

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