Turnen Berlin vor Augen, Stuttgart im Kopf

Berlin · Für die Turner der TG Saar ist die deutsche Meisterschaft die erste Qualifikation für die Heim-WM im Oktober.

Der „Dragulescu“ bleibt in der Trick-Kiste. Der „Roche“ muss es richten, wenn Felix Remuta an diesem Wochenende in Berlin bei den deutschen Meisterschaften im Gerätturnen über den Sprungtisch fliegt. Nach einer auskurierten Fuß-Verletzung setzt der TG-Saar-Turner bei der deutschen Meisterschaft in Berlin auf Sicherheit. Mit sauberer Ausführung will er in der Max-Schmeling-Halle bei Kampfrichtern und Bundestrainer Andreas Hirsch punkten – und vor der Anfang Oktober in Stuttgart steigenden Heim-WM kein Risiko eingehen.

„Ich zeige den Überschlag mit Doppelsalto ohne Schraube und danach den Kasamatsu mit anderthalb Schrauben“, verrät der schnellkräftige Titelverteidiger die Abfolge am Paradegerät. Der 21 Jahre alte Holzkirchner, der für die TG Saar in der Deutschen Turnliga (DTL) startet, hat auch am Boden Medaillen-Chancen. In der Luft sei er koordinativ recht gut, findet Remuta und möchte es dem zuschauenden Chef des Turn-Teams Deutschland gerne beweisen. „Da die DM auch als erste WM-Qualifikation gilt, ist sie für uns Nationalturner doppelt wichtig. Es wäre geil, bei der Heim-WM zu starten“, sagt Remuta.

Nicht weit weg vom WM-Schauplatz Hanns-Martin-Schleyer-Halle bereitet er sich derzeit mit Freund und Vorbild Marcel Nguyen auf die nationalen Titelkämpfe vor. Während die Nationalturner im Stuttgarter Kunst-Turn-Forum seit Monaten Sprünge und Schwünge üben, lässt es Remutas TG-Saar-Kollege Waldemar Eichorn im Saarland lockerer angehen. „Ich trainiere erst seit vier Wochen, denke aber, dass ich eine gute Form erreiche und ins Pauschenpferd-Finale kommen kann“, meint der Ex-Nationalturner.

Der 33-Jährige freut sich auf die Duelle mit alten Weggefährten – in der Halle, in der er 2012 mit der TG Saar deutscher Mannschaftsmeister wurde. „Das wird Spaß machen. Ich bin gespannt, was rausspringt. Die Start-Entscheidung habe ich ja ziemlich kurzfristig getroffen“, sagt Eichorn lachend. Für spontane Entscheidungen ist „Waldi“ bekannt. Oft hängt er während der Übung einfach weitere Elemente dran, begeistert das Publikum, verblüfft die Teamkollegen – und manchmal auch sich selbst. „Mir war eben danach. Es hat gerade gepasst“, hörte man ihn nach dem Abgang vom Pauschenpferd schon sagen.

Dass Eichorn ehrgeizige Jungspunde, Nationalturner und Weltstars im Zaum halten und sogar überflügeln kann, bewies der Altmeister 2018. Nach grandiosen Mehrkampf-Einsätzen lag er am Ende der DTL-Saison auf Platz eins der Top-Scorer-Tabelle. „Nebenbei“ heiratete er, wurde Papa und führte den TG-Saar-Nachwuchs ins Finale der deutschen Jugendmeisterschaften. Seit er Anfang des Jahres von Mentor Viktor Schweizer die Rolle des Landestrainers übernahm und den Bau eines Hauses plant, trainiert er weniger. Ob’s reicht? Um am Pauschenpferd ins Finale zu kommen, muss der deutsche Meister von 2016 am Samstag erst einen vollen Sechskampf turnen und dabei am Spezialgerät unter die ersten Sechs kommen. So lautet die Vorgabe des Deutschen Turner-Bundes (DTB).

Ein strammes Programm – findet auch TG-Saar-Teamkollege Florian Lindner. Wenn die zwickende Achillessehne es zulässt, werde er starten. Der Traum vom Titelgewinn am Lieblingsgerät sei diesmal nicht realisierbar. „Ich bin in guter Form, aber es fehlen mir verletzungsbedingt einige Trainingsstunden“, gibt der 27 Jahre alte Ringe-Spezialist zu. Lukas Dauser zählte im Vorfeld zu den DM-Favoriten. Nach seinem im Juni im Training erlittenen Mittelhandbruch ist der für die Saarländer in der DTL startende Nationalturner natürlich nicht dabei. Anhand ärztlicher Prognosen will man nun beim Deutschen Turner-Bund einen Weg finden, ihm eine spätere WM-Qualifikation zu ermöglichen.

Die Chance vor Augen quält sich der 26 Jahre alte Pechvogel am Berliner Olympiastützpunkt durch die Reha-Übungen und versucht, bis zur WM fit zu werden. „Mir geht es gut. Meine Hand macht schon alles mit. Ich komme gut voran“, erzählt Dauser optimistisch. Als Co-Moderator wird er den TG-Team-Kollegen am Wochenende vor Ort die Daumen drücken. Besonders Felix Remuta, der in Stuttgart gerade am Feinschliff arbeitet. „Es geht in Berlin um DM-Gold. Es ist unsere erste WM-Qualifikation, und noch ist alles offen“, nennt Remuta den Stellenwert des „sehr wichtigen Wettkampfs“. Der Dragulescu bleibt trotzdem in der Trick-Kiste. Die fehlende Schraube beim Doppelsalto hebt sich Remuta bis Oktober auf. Für die möglichen Sprung-Duelle mit der Welt-Elite, bei der Heim-WM in Stuttgart

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