Assistent von einst soll der Retter werden

Wolfsburg · Der Niederländer Andries Jonker ist der neue Cheftrainer des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg. Das Ziel ist der Klassenverbleib.

Not macht erfinderisch: Der frühere Assistent Andries Jonker soll den VfL Wolfsburg vor dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga bewahren. Mit dieser ebenso mutigen wie überraschenden Entscheidung vollzog der Volkswagen-Club gestern seinen zweiten Trainerwechsel in der laufenden Saison.

Der 54 Jahre alte Niederländer tritt bei den Niedersachsen die Nachfolge von Valérien Ismaël an, von dem sich der Club am Sonntagabend getrennt hatte. Ismaël war das unglückliche 1:2 im Kellerduell gegen Werder Bremen am Freitag zum Verhängnis geworden, Der Franzose hatte erst im Oktober des vergangenen Jahres Dieter Hecking abgelöst. Jonker erhält einen Vertrag bis 2018. Es ist der achte Trainerwechsel in der laufenden Erstliga-Saison.

"Jonker war unsere Wunschlösung", sagte Sportdirektor Olaf Rebbe, der Nachfolger des entlassenen Managers Klaus Allofs: "Er ist ein absoluter Fußballfachmann und kann Spieler entwickeln. Es ist eine Lösung, die uns kurz- und auch mittelfristig helfen kann." Jonker arbeitete bereits bis 2014 für den VfL als Co-Trainer, zuletzt war er Leiter der Nachwuchsakademie beim FC Arsenal. Er bringt Uwe Speidel und Fredrik Ljungberg als Co-Trainer mit.

Jonker hatte wenig Bedenkzeit, als die "überraschende Anfrage" aus Wolfsburg kam. "Es war nur eine Stundensache, nicht einmal eine Tagessache. Es gibt nur wenige Vereine, die die Möglichkeiten haben wie der VfL. Es ist eine Riesenherausforderung, hier zu arbeiten", sagte der Niederländer, dem Arsenals Cheftrainer Arsène Wenger per SMS viel Glück für seine neue Aufgabe wünschte.

Für den neuen Mann sprach auch dessen Vergangenheit beim VfL. "Andries Jonker kennt den VfL Wolfsburg und hielt auch nach seinem Wechsel nach London regelmäßig Kontakt zum Verein. Beides war mitentscheidend dafür, dass wir jetzt in so kurzer Zeit diese Top-Lösung realisieren konnten", sagte Rebbe.

Jonker hatte in Deutschland auch schon beim FC Bayern München als Co-Trainer von Louis van Gaal gearbeitet und nach dessen Freistellung in der Saison 2011/2012 interimsweise die Profimannschaft für fünf Spiele übernommen. Beim VfL Wolfsburg war der Niederländer als Assistent von Felix Magath, Lorenz-Günther Köstner und Dieter Hecking tätig. Auch einige Spieler kennt er noch aus dieser Zeit.

Nun soll er den erschreckenden Abwärtstrend der Wölfe stoppen. Der vor zwölf Monaten noch in der Champions League spielende Erstligist kämpft gegen den Abstieg und holte zuletzt unter Valérien Ismaël in 15 Spielen nur 16 Punkte - trotz prominenter Neuzugänge wie Paul-Georges Ntep oder Yunus Malli, der den zu Paris St. Germain abgewanderten Nationalspieler Julian Draxler ersetzen soll. Als Tabellen-14. liegen die Wölfe nur zwei Punkte vor dem Relegationsplatz.

Man habe gemeinsam ein "kleines Problem zu lösen", kommentierte Jonker die prekäre Situation gestern mit einem Schmunzeln. "Ich habe mit großem Erstaunen verfolgt, wie die Mannschaft immer weniger geleistet hat", sagte er zur sportlichen Talfahrt der vergangenen Wochen. Jetzt gelte es, sich einen Überblick über das Team zu verschaffen und dann einen Plan für das Spiel beim FSV Mainz 05 am kommenden Samstag (15.30 Uhr) zu entwickeln. Einen, der vor allem vorsieht, das ungeheure Potenzial der Mannschaft wieder abzurufen. Leistungsträger wie Nationalspieler Mario Gomez, der Saarländer Philipp Wollscheid oder der Brasilianer Luiz Gustavo laufen ihrer Form hinterher und fanden sich zuletzt teilweise sogar nur noch auf der Ersatzbank wieder.

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