Fußball-Bundesliga Arrivederci Carlo, Bonjour Willy

München · Bayern München entlässt Trainer Ancelotti. Der bisherige Assistent Sagnol übernimmt vorläufig die Trainingsleitung.

 Bayern-Trainer Carlo Ancelotti überraschte gegen Paris mit seiner Aufstellung, ließ unter anderem Weltmeister Mats Hummels auf der Bank.

Bayern-Trainer Carlo Ancelotti überraschte gegen Paris mit seiner Aufstellung, ließ unter anderem Weltmeister Mats Hummels auf der Bank.

Foto: dpa/Christophe Ena

() Nur 17 Stunden nach der 0:3-Klatsche von Paris hat ein gedemütigter FC Bayern München seinen Trainer Carlo Ancelotti vor die Tür gesetzt. In einer Krisensitzung wurde gestern das Ende des Italieners beim Rekordmeister besiegelt. „Das Spiel in Paris hat deutlich gezeigt, dass wir Konsequenzen ziehen mussten“, stellte Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge klar. Er bedauere das, „aber wir mussten hier eine professionelle Entscheidung treffen“.

Eine indiskutable Leistung in der Champions League bei Europas neuer Fußball-Größe Paris St. Germain und sonderbare Personal-Entscheidungen von Ancelotti ließen den Bossen an der Säbener Straße keine Wahl. Auch das italienische Betreuerteam um Ancelotti-Sohn Davide wurde freigestellt. Nun übernimmt der bisherige Co-Trainer Willy Sagnol und wird das Team in der Bundesliga am Sonntag bei Hertha BSC betreuen. In der unmittelbar einsetzenden Nachfolge-Debatte fiel schon der Name Thomas Tuchel.

Ancelottis Zeit bei Bayern endete nach 15 Monaten mit einer historischen Pleite. Mit stoischer Miene hatte der 58-Jährige, dessen Vertrag bis 2019 lief, in der Nacht den bedrohlichen Worten gelauscht, die sein Sitznachbar Rummenigge nach dem Zerfall des deutschen Meisters im Prinzenpark wählte. „Das, was wir heute Abend gesehen haben, war nicht Bayern München“, sagte der Vorstands-Chef beim vereinsinternen Bankett im Teamhotel. Die Stimmung wirkte eisig. Direkt nach dem 0:3 (0:2) gegen die Hochgeschwindigkeits-Fußballer von Paris St. Germain um die herausragenden Neymar und Kylian Mbappé hatten die Münchner Bosse das Stadion verstört und sprachlos verlassen. Es war die höchste Vorrunden-Niederlage in 21 Jahren Champions League für die Bayern.

Dieser 27. September war ein Einschnitt, der ein „weiter so“ nicht mehr zuließ. „Die Leistungen unserer Mannschaft seit Saisonbeginn entsprachen nicht den Erwartungen, die wir an sie stellen“, machte Rummenigge deutlich und forderte: „Ich erwarte jetzt von der Mannschaft eine positive Entwicklung und absoluten Leistungswillen.“ Wer den taumelnden Bundesliga-Riesen nach der Interimsphase mit Sagnol zum Erfolg führen soll, war zunächst offen. Der einzige deutsche Trainer mit adäquatem Champions-League-Format, der aktuell keinen Verein betreut, scheint der ehemalige Trainer von Borussia Dortmund, Thomas Tuchel, zu sein.

Ancelotti hatte mit der Aufstellung im bislang bedeutendsten Spiel der Saison für Verblüffung und Irritation gesorgt. Die größere Erfahrung hatte Rummenigge vor dem „Prestigespiel“ als Vorteil des FC Bayern bezeichnet. Und dann saßen Weltmeister Mats Hummels und Franck Ribéry 90 Minuten auf der Bank. Arjen Robben wurde eingewechselt, als der Gruppengipfel nach Toren von Dani Alves (2.), Edinson Cavani (31.) und Neymar (63.) längst entschieden war. Jérome Boateng, auch ein Weltmeister, musste sogar von der Tribüne aus zuschauen. „Ich bin jemand, der sehr viel über die Aufstellung nachdenkt. Ich bedaure nichts“, sagte Ancelotti. Er verteidigte seine Rotation, die seine Stars bei Laune halten soll, aber Hummels, Robben, Ribéry und Co. vergraulte. Ancelotti rotierte sich damit selbst aus dem Verein.

„Das Gegentor nach einer Minute ist das schlimmste Szenario, das es gibt“, stöhnte Robben. 222-Millionen-Euro-Mann Neymar, Mbappé und Cavani konnten anschließend ihre Konterstärke ausspielen. Bayern war defensiv nicht präsent. 18:1 Ecken, die eine Scheinüberlegenheit suggerierten, verpufften wirkungslos. Die Spieler um Kapitän Thomas Müller rangen nach der Abreibung um Worte oder verweigerten eine Stellungnahme wie der innerlich kochende Hummels. „Das glauben Sie nicht wirklich“, sagte er auf die Bitte um einen Kommentar. „Peinlich“ und „schmerzhaft“ nannte Arjen Robben das Erlebte: „Das ist meine neunte Saison hier, und das ist man nicht gewohnt.“

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