Arriens und der letzte Strohhalm

Frankfurt · Der Davis-Cup-Skandal nimmt Fahrt auf. Einige Landesverbände haben DTB-Präsident Karl Altenburg aufgefordert, den Teamchef Carsten Arriens sofort freizustellen. Der Weltverband hat bereits Ermittlungen aufgenommen.

Es war buchstäblich der letzte Strohhalm, nach dem Teamchef Carsten Arriens an diesem denkwürdigen Davis-Cup-Wochenende griff. Von seinen vier Spielern hatten sich drei aus gesundheitlichen Gründen für Sonntag abgemeldet, unglücklicherweise warteten die Zuschauer in der Frankfurter Ballsporthalle noch auf zwei Matches. Da kam Teamchef Arriens die vermeintlich rettende Idee: Er ließ Tommy Haas, Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer Strohhalme ziehen, um zu ermitteln, wer noch raus musste.

Kohlschreiber soll es getroffen haben. Nach sorgfältigem Abwägen von Für und Wider traf der Verlierer deshalb eine folgenschwere Entscheidung: Er hatte zwar den Kürzeren gezogen, legte aber ebenso wie Haas und der am Freitag im Einzel gegen Feliciano Lopez schwer gestürzte Mayer ein Attest vor, das ihn als spieluntauglich auswies. Letztlich trat nur noch Daniel Brands an, und die Reaktion der Zuschauer war eindeutig: ein Pfeifkonzert für das eigene Team.

Für den veranstaltenden Deutschen Tennis Bund (DTB) könnte das Frankfurter Fiasko Konsequenzen haben. Der Weltverband - das bestätigte dessen Präsident Francesco Ricci-Bitti auf Anfrage - hat Ermittlungen eingeleitet. "Das war eine sehr unglückliche Situation", sagte Ricci-Bitti: "Die Spieler haben mit dieser Aktion eine ganze Tennis-Nation enttäuscht. Die eigenen Fans sollte man mit Respekt behandeln."

Und auch innerhalb des DTB will man die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen, einige der mächtigen Landesverbände erwarten eine schnelle Reaktion von Präsident Karl Altenburg. In einem dem Sportinformationsdienst vorliegenden Schreiben fordert etwa der württembergische Verband die sofortige Entlassung von Arriens, den Verzicht auf Tommy Haas und Philipp Kohlschreiber in künftigen Davis-Cup-Begegnungen und eine finanzielle Entschädigung der Frankfurter Zuschauer.

Altenburg weist diese Forderungen von sich. "Carsten Arriens hat einen tollen Job gemacht. Er hat auch alles versucht, um die Spieler umzustimmen", sagte der DTB-Chef gestern: "Man muss sich in diesem Zusammenhang aber einfach auch mal fragen, ob diese Spieler immer so gut beraten sind." Ein Seitenhieb auf Kohlschreibers Manager Stephan Fehske und Haas-Berater Edwin Weindorfer, die dem Vernehmen nach maßgeblich am Verzicht ihrer Spieler beteiligt waren.

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