Anschlag trifft Afrikas Fußball ins Mark

Luanda. Fünf Monate vor Beginn der ersten Weltmeisterschaft auf dem Schwarzen Kontinent hat ein Terroranschlag Afrikas Fußball bis ins Mark getroffen und die Diskussion um die Sicherheit neu entflammt

Luanda. Fünf Monate vor Beginn der ersten Weltmeisterschaft auf dem Schwarzen Kontinent hat ein Terroranschlag Afrikas Fußball bis ins Mark getroffen und die Diskussion um die Sicherheit neu entflammt. Auf Druck der togoischen Regierung soll die Nationalmannschaft von Togo zwei Tage nach dem Feuerüberfall mit drei Toten in Angola den Afrika Cup verlassen und in die Hauptstadt Lomé zurückfliegen.

Die Spieler hatten sich noch gestern Vormittag einstimmig dafür ausgesprochen, an dem Kontinental-Turnier teilzunehmen. "Wir haben uns entschieden, etwas Gutes zu tun für das Land und zu Ehren derer zu spielen, die gestorben sind. Leider haben sich der Staatschef und die Regierung anders entschieden", sagte Kapitän Emmanuel Adebayor. "Die Maschine des Staatspräsidenten holt uns ab. In Togo werden wir alle bei der Beisetzung der Toten dabei sein", erklärte Assimiou Touré (Foto: dpa) von Bundesligist Bayer Leverkusen.

Lange Zeit herrschte nach dem verheerenden Attentat im Grenzgebiet zwischen Kongo-Brazzaville und Angola Unklarheit, ob die Spieler Togos heute gegen Ghana antreten würden.

"Wir sind gekommen, um ein Fußball-Fest zu feiern, jetzt aber ist es, als würde man in den Krieg ziehen", hatte Torhüter Kossi Agassa erklärt. Und auch Adabayor hatte sich zunächst klar für ein Abreise ausgesprochen. Dann aber traf sich die Mannschaft am Samstagabend und beschloss, antreten zu wollen. "Wir können die Toten und Verletzten nicht zurücklassen und davonlaufen wie Feiglinge", sagte Profi Alaixys Romao.

Ministerpräsident Gilbert Huongo bekräftigte aber wenig später die Position der Regierung Togos und beorderte das Team zurück. "Angola und der Afrikanische Verband CAF haben keine ausreichenden Maßnahmen getroffen, um die Sicherheit der togoischen Mannschaft zu gewährleisten", sagte Huongbo wenige Stunden vor dem Eröffnungsspiel der Gastgeber gegen Mali gestern.

Der Weltverband Fifa und die örtlichen Organisatoren hatten schon am Samstag ihre Absicht bekräftigt, das Turnier trotz der Bluttat auszutragen. "Wir hoffen, dass Fußball stärker ist als jeder Anschlag. Deshalb wird der Afrika Cup stattfinden", sagte Fifa-Präsident Joseph Blatter. Dass der Zwischenfall im 1000 Kilometer entfernten Angola Auswirkungen auf die WM haben könnte, wurde von den Organisatoren am Kap bestritten. Die Tat habe nichts mit der Lage in Südafrika zu tun, betonte WM-Kommunikationschef Rich Mkhondo. Das sei so, als ob man einen Vorfall in Tschetschenien mit der Situation in Großbritannien in Verbindung zu bringen versuchte.

Doch all diese Versicherungen konnten die Sorge um die Sicherheit während der WM nicht zerstreuen. "Ein lebensgefährliches Turnier weckt neue Zweifel an der Organisation einer Fußball-WM", schrieb "Die Presse" in Österreich. Das spanische Blatt "El Mundo" sieht "31 WM-Teilnehmer - alle mit Ausnahme des Gastgeberlandes - aufgeschreckt und in Alarmstimmung".

Am Freitagabend war der Bus der Togoer auf der Anreise kurz nach Überqueren der angolanischen Grenze unter Beschuss genommen worden. Bei dem Anschlag wurden der Busfahrer, ein Assistenz-Trainer und der Pressesprecher des Teams getötet. Der von einer Kugel im Rücken getroffene Ersatztorwart Kodjovi Obilale hat eine Operation im Krankenhaus von Johannesburg gut überstanden und befand sich nach Angaben der behandelnden Mediziner auf der Intensivstation. dpa

Meinung

Afrika ist nicht gleich Afrika

Von SZ-Redakteur

Marcus Kalmes

Afrika will mit Hilfe des Fußballs in besserem Licht erstrahlen. Aber der Anschlag schärft Reflexe aller, die an der Fähigkeit Afrikas zweifeln, ein Großereignis wie die Weltmeisterschaft mit allen Sicherheitsstandards zu stemmen. Doch die WM in Südafrika in Frage zu stellen, geht an der Sache vorbei. Anschläge auf Sportveranstaltungen, politisch oder anders motiviert, gibt es überall: Olympia 1972 in München und 1996 in Atlanta. Bei unserer WM 2006 wollten später als Kofferbomber Entarnte Unheil anrichten.

Afrika hat vielfältige Probleme. Südafrika andere als Angola, das minder entwickelt ist. Für Cabinda rät nicht nur das deutsche Auswärtige Amt seit langem von Reisen ab. Es ist zu hinterfragen, warum die Organisatoren des Afrika Cups in dieser Provinz spielen lassen. Das hat mit die Sicherheitsfrage für Südafrika nichts zu tun.

Hintergrund

Die angolanische Exklave Cabinda, an deren Grenze Rebellen einen Anschlag auf die Fußball-Nationalmannschaft Togos verübt haben, ist von Gewalt beherrscht. Der ölreiche Landstreifen ist die einzige Provinz Angolas, die seit dem Ende des Bürgerkriegs vor acht Jahren noch nicht befriedet ist. Während in den anderen Regionen des südwestafrikanischen Staaten ein 2002 zwischen Rebellen und Armee ausgehandeltes Waffenstillstandsabkommen gilt, kämpfen in Cabinda mehrere Bewegungen für eine Unabhängigkeit.

Die in viele Gruppen zersplitterte "Befreiungsfront der Exklave Cabinda" (FLEC) ist vor allem im Norden und Osten des Landstreifens aktiv, der mit einer Fläche von 7300 Quadratkilometern weniger als halb so groß wie Thüringen ist.

Vor der Küste Cabindas werden täglich eine Million Barrel Öl gefördert, 60 Prozent der gesamten Ölproduktion Angolas. Die rund 250 000 Bewohner leben jedoch bei einer Arbeitslosenquote von 70 Prozent in ärmlichen Verhältnissen. afp

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