Angst vor einer Klatsche 20 Spieler müssen reichen

Bremen. Seine schier ausweglose Lage begreift Laurent Blanc als große Chance. Nach dem Zoff mit Frankreichs Verbandsboss kann ihn wohl höchstens eine EM-Überraschung im Amt des Nationaltrainers halten. Auch für das Prestige-Duell mit Deutschland flüchtet der angeschlagene Coach in den Angriff

 Laurent Blanc, Trainer des französischen Nationalteams, ist Kummer und Gegenwind im eigenen Verband gewohnt. Foto: Valat/dpa

Laurent Blanc, Trainer des französischen Nationalteams, ist Kummer und Gegenwind im eigenen Verband gewohnt. Foto: Valat/dpa

Bremen. Seine schier ausweglose Lage begreift Laurent Blanc als große Chance. Nach dem Zoff mit Frankreichs Verbandsboss kann ihn wohl höchstens eine EM-Überraschung im Amt des Nationaltrainers halten. Auch für das Prestige-Duell mit Deutschland flüchtet der angeschlagene Coach in den Angriff. "Was riskieren wir schon?", meinte der französische Nationaltrainer vor dem Testspiel morgen um 20.45 Uhr in Bremen, "alle Welt erwartet doch, dass wir dort richtig was auf die Mütze bekommen. Das bedeutet eine Extra-Motivation."Um sein Team mit Bayern-Star Franck Ribéry anzustacheln, müsste Blanc nur ein Interview von Uefa-Präsident Michel Platini in der Kabine des Weserstadions aushängen. "Zwei, drei wirklich gute Spieler" wie Ribéry oder den verletzt fehlenden Karim Benzema gebe es in Frankreich, meinte der Europameister von 1984. "Der Rest ist so lala." Doch selbst mit der nationalen Fußball-Legende scheut Blanc nicht den Konflikt und widersprach Platini: "Ein bisschen radikal" sei die Kritik.

In der Öffentlichkeit genießt "Le President", Kapitän der Weltmeisterauswahl 1998, hohes Ansehen. Internen Gegenwind ist Blanc aber gewöhnt. Zwar haben er und Verbandspräsident Noël Le Graët sich nach dem Ärger über die Wahl des EM-Quartiers und seine Werbeverträge ein öffentliches Stillhalteabkommen verordnet. Die offene Situation um seinen nach der EM auslaufenden Vertrag droht jedoch die Vorbereitung zu beeinträchtigen. "Ich will bleiben, aber ich bitte um nichts, ich fordere nichts", sagte Blanc und schickte eine Warnung hinterher: "Wenn dein Vertrag ausläuft, bist du ja Herr Deiner selbst."

Der ein Jahr nach dem Fiasko bei der WM 2010 als Aufräumer angetretene Le Graët bemüht sich derzeit auffallend um eine Beruhigung der Querelen. "Läuft die Euro gut, unterbreite ich Blanc einen Vorschlag", verkündete der Lebensmittel-Unternehmer, "heute interessiert nur die Euro, bei der sich die Nationalmannschaft gut benehmen soll." Das Selbstverständliche scheint nach dem Trainingsboykott und dem blamablen Vorrundenaus in Südafrika bereits als außergewöhnlich erstrebenswert.

Sportlich ist für Blanc bei der EM nach holpriger Qualifikation "alles möglich", sollte die "Équipe Tricolore" die Vorrundengruppe mit England, Schweden und Co-Gastgeber Ukraine als "Minimalziel" überstehen. Trotz 17 Spielen ohne Niederlage sieht jedoch auch er sein Team noch als "Baustelle". Besonders der Angriff müsse gegen Deutschland "viel besser spielen".

Obwohl die überragenden Einzelkönner Florent Malouda, Samir Nasri, Benzema und Ribéry ihr Potenzial im Nationaltrikot zu selten abrufen, ist zumindest der Spaß im Nationalteam zurückgekehrt. Auch ein Verdienst des Trainers, wie der Bayernspieler berichtet. "Ich habe das Gefühl, dass wir immer besser werden und dass wir mit Blanc den geeigneten Trainer haben, um bald wieder die erste Rolle zu spielen", meinte Ribéry, "ich wünsche mir, dass er bleibt." dpa

Bremen. Bundestrainer Joachim Löw verzichtet für das erste Länderspiel des EM-Jahres gegen Frankreich trotz der Absagen von Kapitän Philipp Lahm (Schleimbeutelentündung am Knie) und Sven Bender (Prellungen im Gesicht) auf Nachnominierungen. "Wir haben in jedem Mannschaftsteil genug Möglichkeiten", sagte der Bundestrainer gestern in Bremen. Löw stehen für die Partie morgen im Weserstadion somit noch 20 Akteure zur Verfügung. Die Partie gegen den Ex-Weltmeister ist der letzte Test der deutschen Fußball-Nationalmannschaft vor der Benennung des EM-Aufgebots durch Löw Anfang Mai. "Dieses Spiel ist das Ende einer ganzen Reihe von Testspielen, die wir seit 2010 hatten", sagte Löw. "Jetzt schließen wir diese Reihe ab, um letzte Erkenntnisse zu gewinnen."

Mit Rückenproblemen hat weiterhin Stürmer Miroslav Klose zu kämpfen. Ob der Angreifer von Lazio Rom, der am Wochenende für seinen Club sein zwölftes Saisontor erzielte, an seiner alten Bremer Wirkungsstätte spielen wird, ließ Löw noch offen. Sollte Klose in der Startformation stehen, würde er die DFB-Auswahl in seinem 114. Länderspiel als Vertreter der verletzten Lahm und Bastian Schweinsteiger als Kapitän anführen. dpa

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