Angriffslust ohne Stürmer

Frankfurt. Der gläserne Stehtisch sollte wohl eine gewisse Gelassenheit symbolisieren. Mario Götze nahm die Einladung jedenfalls dankbar an, dass Pressekonferenzen für die deutsche Nationalmannschaft nicht mehr von einem Podium abgehalten werden

 Die neue Sturmspitze im DFB-Team? Auf den Dortmunder Ballkünstler Mario Götze könnte gegen Kasachstan eine besondere Rolle als "falscher Neuner" zukommen. Foto: Gentsch/dpa

Die neue Sturmspitze im DFB-Team? Auf den Dortmunder Ballkünstler Mario Götze könnte gegen Kasachstan eine besondere Rolle als "falscher Neuner" zukommen. Foto: Gentsch/dpa

Frankfurt. Der gläserne Stehtisch sollte wohl eine gewisse Gelassenheit symbolisieren. Mario Götze nahm die Einladung jedenfalls dankbar an, dass Pressekonferenzen für die deutsche Nationalmannschaft nicht mehr von einem Podium abgehalten werden. Der flinke Dribbler hüpfte in seinen neongelben Turnschuhen auf die Bühne, um sich den Fragen vor dem Länderspiel-Doppelpack gegen Kasachstan zu stellen. Und vor dem WM-Qualifikationsspiel in Astana am Freitag (19 Uhr/ZDF) drehen sich in der Tat die interessantesten Fragen um Götze. Denn es spricht einiges dafür, dass der Bundestrainer im Angriff eine neue Variante mit dem 1,76 Meter kleinen, quirligen Dortmunder ausprobiert - statt der Standardlösung mit dem 1,90 Meter großen Bayern-Torjäger Mario Gomez.

Überangebot an Dribblern

Bei der Spielersitzung am Dienstag in der Frankfurter Villa Kennedy hatte Joachim Löw seine Spieler in die grundsätzlichen Pläne für den Rest der WM-Qualifikation eingeweiht. Und die Vorliebe des Bundestrainers ist bekannt: Er könnte den Mangel an technisch starken Zentrums-Angreifern und durchsetzungsstarken Stoßstürmern mit dem Überangebot an technisch perfekten Dribblern und Tricksern begegnen. "Ich beschäftige mich schon lange mit dem Gedanken, dass Spieler abwechselnd in die Spitze stoßen", sagt Löw, dem mit dem gelbgesperrten Marco Reus in Astana allerdings eine Offensivoption fehlt.

Der große, bullige Zentrumsstürmer - von denen es mit Mario Gomez unter den 20 Akteuren im Aufgebot nur einen gibt - sei gar nicht mehr notwendig, sondern "kleine, wendige Spieler, die auf engstem Raum die richtigen Lösungen finden und den manchmal etwas unbeweglichen Spielern in der Innenverteidigung Probleme bereiten", findet Löw. Spieler wie Mario Götze. Der BVB-Edelstein hat bislang in 79 Bundesliga- und 20 Länderspielen zumeist Brillantes am Ball vollbracht: Ob als hängende Spitze, Spielmacher oder Außenangreifer. Gegen die Versetzung ganz nach vorne stemmt sich der 20-Jährige nicht. "Ich hab es nicht so oft im Verein gespielt, aber in der Jugend war ich viel vorne im Zentrum." Götze will die Debatte darüber gar nicht verkomplizieren, "das unterscheidet sich nicht viel von der Zehner-Position. Das sind nur Nuancen."

Wirklich? Löw hat im Februar in Frankreich in der Endphase stürmerlos und im November in den Niederlanden sogar 72 Minuten lang mit Götze als "falschen Neuner" agieren lassen. Mit überschaubarem Erfolg. Vor allem in Amsterdam sah das Experiment nicht wirklich gut aus.

Typ wie Götze gefragt

Und doch ist auf den modernen Kunstrasen-Belägen, in denen Trägerschicht, Gummigranulat, Sand und Kunstrasenfasern zu einem täuschend echten Rasen verwoben werden, ein Typ wie Götze eher gefragt. "Mario ist einer, der auch auf engstem Raum den Ball sehr gut behauptet. Er hat ein sehr gutes Kombinationsspiel, und er ist auch torgefährlich", erklärte Löws Assistent Hansi Flick - und meinte damit Götze, nicht Gomez.

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