Angie im Wimbledon-Wunderland

London. Angelique Kerber staunte Bauklötze, als sie nach ihrer Ankunft in Wimbledon am Sonntag vor einer Woche ihre Umkleidekabine gefunden hatte. Sie betrat einen Wellnessbereich für die 16 besten Tennisspielerinnen mit Badewanne, Obst und allem Pipapo. "Der reinste Luxus, wenn ich ehrlich bin", sagte die Kielerin, deren Entdeckungsreise auf dem Feld weitergeht

London. Angelique Kerber staunte Bauklötze, als sie nach ihrer Ankunft in Wimbledon am Sonntag vor einer Woche ihre Umkleidekabine gefunden hatte. Sie betrat einen Wellnessbereich für die 16 besten Tennisspielerinnen mit Badewanne, Obst und allem Pipapo. "Der reinste Luxus, wenn ich ehrlich bin", sagte die Kielerin, deren Entdeckungsreise auf dem Feld weitergeht. Am Dienstag sah die 24-Jährige erstmals das berühmteste Tennisstadion der Welt von innen. Angie im Wunderland verließ später den Centre Court als Halbfinalistin. Heute kennt sie bei ihrer Rückkehr den Weg.Nach ihrem dramatischen 6:3, 6:7 (7:9), 7:5-Sieg über die Berlinerin Sabine Lisicki spielt die deutsche Nummer eins nun gegen die Polin Agnieszka Radwanska um den Einzug in ihr erstes Grand-Slam-Finale. "Ich muss auf meinem höchsten Level spielen, um sie zu schlagen", sagte die Weltranglisten-Achte vor dem fünften Duell gegen die Dritte durchaus selbstbewusst. Bisher steht es 2:2.

Wendepunkt vor einem Jahr

Die Erfolgsstory von Angelique Kerber trägt fast märchenhafte Züge - und Wimbledon 2011 ist der Wendepunkt. Vor einem Jahr hatte die damalige Weltranglisten-77. in der ersten Runde auf Court 16 gegen die auf Position 256 gelistete Britin Laura Robson verloren. Danach fiel die Linkshänderin aus den Top 100 - und zog die notwendigen Konsequenzen. Nach der Blamage gegen Robson brachte sie sich drei Wochen lang in der Offenbacher Waske-Schüttler-Tennisakademie in Form. Danach flog sie ohne große Erwartungen nach New York, gewann bei den US Open Runde für Runde und schlug auf dem Weg ins Halbfinale auch Radwanska. "Bei diesem Turnier hat sich für mich alles verändert. Danach habe ich an mich geglaubt."

Spätestens seit Kerber durch ihren Turniersieg in Paris-Bercy nach Erfolgen über die Top-Zehn-Spielerinnen Maria Scharapowa und Marion Bartoli in die absolute Weltspitze vorstieß, werden von ihr Siege erwartet - irgendwann auch bei Grand-Slam-Turnieren.

Dieser Herausforderung, ihren Sensationserfolg bestätigen zu müssen, hielt sie auch im Härtetest gegen Sabine Lisicki stand. Bundestrainerin Barbara Rittner hält Kerber für stark genug, ihren Spitzenwert von bereits 45 Siegen weiter auszubauen. "So wie Angie durch das Turnier geht, trau ich ihr auch zu, ins Finale zu kommen." Wäre ein neues Abenteuer für Angie im Wunderland. dapd

Meinung

Wo sind ARD und ZDF?

Von SZ-MitarbeiterJörg Allmeroth

Was haben wir uns nicht alles an medialer Überdosis bei der Fußball-EM gefallen lassen müssen, stundenlang, tagelang, wochenlang: Esoterische Strandgespräche im einsamen Usedom, bierselige Mitternachtsrunden mit Waldi und Co. aus Leipzig, Vor- und Nachbearbeitung aller nur denkbaren Wichtig- und Nichtigkeiten. Geht es um Fußball, dehnen unsere öffentlich-rechtlichen Gebührenkassierer ihren hehren Anspruch der "Grundversorgung" bis zur Schmerzgrenze aus. Koste es, was es solle und wolle.

Und nun dies: Wimbledon 2012 und deutsche Erfolge ohne Ende, beste Bilanz aller Grand Slam-Zeiten. Angelique Kerber in der Runde der letzten Vier, vielleicht sogar Erbin von Steffi Graf auf dem berühmtesten Thron der Tenniswelt. Wer Kerber, Lisicki, Mayer und Co. siegen sehen will, ist bei Sky gut aufgehoben, dem Bezahlsender. Aber wo bleiben ARD und ZDF, die von uns allen finanzierten Basisprogramme? Wo bleibt deren Zweitverwertungsoffensive?

Seit anderthalb Jahren ist das deutsche Fräuleinwunder schon zu bestaunen. Es wird weitergehen mit diesem Aufschwung, früher oder später einen Grand-Slam-Sieg geben. Das sollte ARD und ZDF deutlich mehr Einsatz wert sein, personell und finanziell. Mehr als bei irgendwelchen Kirmesprügeleien im Boxring.

Auf Einen Blick

Florian Mayer und Philipp Kohlschreiber haben das Halbfinale in Wimbledon verpasst. Kohlschreiber unterlag Jo-Wilfried Tsonga (Frankreich) 6:7 (5:7), 6:4, 6:7 (3:7), 2:6, Mayer verlor in drei Sätzen gegen Titelverteidiger Novak Djokovic aus Serbien. Djokovic trifft nun auf den Schweizer Roger Federer, Tsonga spielt entweder gegen den Briten Andy Murray oder gegen den Spanier David Ferrer. dpa

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