Alter schützt vor Leistung nichtTopfavoritin Heidler scheitert bereits in der Qualifikation

Helsinki. Sie selbst bezeichnet sich gern als "alte Oma", doch bei den Leichtathletik-Europameisterschaften ist Nadine Kleinert noch einmal in den Jungbrunnen gefallen. Die Kugelstoßerin aus Magdeburg holte in Helsinki ihr erstes Gold bei internationalen Titelkämpfen - mit 36 Jahren

Helsinki. Sie selbst bezeichnet sich gern als "alte Oma", doch bei den Leichtathletik-Europameisterschaften ist Nadine Kleinert noch einmal in den Jungbrunnen gefallen. Die Kugelstoßerin aus Magdeburg holte in Helsinki ihr erstes Gold bei internationalen Titelkämpfen - mit 36 Jahren. Als sie im sechsten und letzten Durchgang in Helsinki den Ring betrat, da flossen schon die Freudentränen: Mit 19,18 Metern war der dreifachen Vize-Weltmeisterin Gold nicht mehr zu nehmen.Drei Stunden später bewies David Storl, dass die deutschen Kugelstoßer doppelt Gold wert sind. "Europameister war mein Ziel", sagte der 21 Jahre alte Weltmeister, der mit 21,58 Metern für den Höhepunkt des dritten Wettkampftages sorgte und nun Mitfavorit auf Olympia-Gold ist. "Klasse Vorstellung, er hat die Situation super gemeistert. Er ist ein richtiger Meisterschafts-Stoßer", sagte sein Trainer Sven Lang. Gleich mit dem ersten Versuch auf 21,19 Meter schockte der 1,99-Meter-Recke aus Chemnitz die Konkurrenz und baute den Vorsprung mit der Weltklasse-Weite von 21,58 Metern sogar aus.

"Nach vier vergeblichen Anläufen hat es nun endlich geklappt. Das war die einzige Medaille, die in meiner Sammlung noch gefehlt hat - nun ist sie da", sagte derweil Nadine Kleinert, die nach der Olympia-Saison ihre Karriere beenden wird. "Ich ziehe den Hut vor Nadine, in ihrem Alter sowas noch zu erreichen. Sie ist noch nicht am Ende ihrer Leistungsfähigkeit für dieses Jahr", sagte ihr Trainer Klaus Schneider.

Zwar fehlten einige Weltklasse-Athletinnen - darunter Titelverteidigerin Nadeschda Ostaptschuk (Weißrussland), aber das störte sie überhaupt nicht. "Ich ärgere mich nur ein bisschen über die Weite, aber da fragt in drei, vier Jahren keiner mehr danach", sagte Kleinert und schickte ein paar Grüße in die Heimat: "Das war das beste Geschenk für meinen Freund, der morgen Geburtstag hat."

Der Freund von Christina Obergföll, Ex-Weltklasse-Speerwerfer Boris Henry, hat keinen Geburtstag - und bekam von seiner Lebensgefährtin auch kein Gold-Geschenk. Henry, Bundestrainer der Speerwurf-Männer und auf der Tribüne anwesend, durfte sich trotzdem freuen, denn Obergföll gewann Silber. Die Offenburgerin hatte gleich nach dem bei 65,12 Metern gelandeten ersten Speerwurf die Siegerfaust geballt. Ihr Name stand fast eine Stunde lang an der Spitze, bis die Ukrainerin Vira Rebrik im fünften Durchgang mit dem Landesrekord von 66,86 Metern konterte. Titelverteidigerin Linda Stahl gewann zwei Jahre nach ihrem Überraschungscoup von Barcelona diesmal mit 63,69 Metern Bronze. Katharina Molitor (beide Leverkusen/60,99 Meter) wurde Fünfte.

Mit einem Super-Satz kürte sich Weitspringer Sebastian Bayer zum Medaillenkandidaten. Der 26 Jahre alte Hallen-Europameister flog im ersten Versuch mit etwas zu viel Wind 8,34 Meter weit und qualifizierte sich für das Finale am Sonntag. "Ich hoffe, dass ich diese Weite im Finale bestätigen und vielleicht noch weiter springen kann. Aber das ist dann wieder ein ganz anderer Wettkampf", sagte Bayer. dpa

Helsinki. Paukenschlag bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Helsinki: Hammerwurf-Weltrekordlerin Betty Heidler hat in der Qualifikation gepatzt. Nach für sie indiskutablen 65,06 Metern konnte die Titelverteidigerin am Freitag einpacken und einen angestrebten Medaillengewinn abhaken. Die Nerven behielt dagegen Kathrin Klaas, die mit 68,95 Meter locker in den Endkampf kam. Auch Diskuswerfer Robert Harting erreichte in seiner Qualifikation mit Weiten von 64,88 und 65,49 Metern problemlos das Finale, in dem er nach Gold greifen will.

Das wollte Heidler eigentlich auch. Sie war mit einer Erfolgsserie von zwölf Siegen in Folge - unter anderem in St. Wendel - nach Finnland gereist. Aber den Aufenthalt hier hatte sie sich anders vorgestellt: Technische Probleme trugen sie in den ersten beiden Versuchen aus dem Ring - dunkle Erinnerungen an vergangene Tage in Helsinki wurden wach. Bei der WM vor sieben Jahren an gleicher Stelle war die Frankfurterin in der Qualifikation gescheitert.

Im letzten Versuch musste ein gültiger Wurf her. Der Hammer touchierte wieder das Netz und landete bei 65,06 Metern. Das reichte nicht für das Finale. "Das war unterirdisch", erklärte Trainer Michael Deyhle enttäuscht. Und Heidler sagte, nachdem sie sich die Tränen weggewischt hatte: "Es ist schwierig, das zu erklären. Ich habe überhaupt nicht in den Wettkampf reingefunden. So eine Situation habe ich lange nicht gehabt. Vielleicht sollte ich überlegen, ob ich überhaupt jemals wieder nach Helsinki komme."

Dass dieser Auftritt ihre Aussichten für die Olympischen Spiele in London verändere, glaubt Heidler nicht. "Die EM war ein Test. Jetzt weiß ich, was ich in London besser machen muss", sagte sie.dpa/dapd

 Sebastian Bayer sprang mit 8,34 Metern locker ins Finale am Sonntag. Foto: Thissen/dpa

Sebastian Bayer sprang mit 8,34 Metern locker ins Finale am Sonntag. Foto: Thissen/dpa

 David Storl war der Konkurrenz hochüberlegen und gewann souverän. Foto: Thissen/dpa

David Storl war der Konkurrenz hochüberlegen und gewann souverän. Foto: Thissen/dpa

Foto: seidel/dpa

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