Als Graf zur Wimbledon-Queen wurde

London. Der historische Tag vor zwanzig Jahren begann so gar nicht außergewöhnlich. Das Endspiel auf dem "Heiligen Rasen" nahm den gleichen Verlauf wie das im Vorjahr, und Steffi Graf fand wieder kein Mittel, ihre so viel erfahrenere Kontrahentin Martina Navratilova aus dem Rhythmus zu bringen. Es war der 2

 20 Jahre ist es nun her, dass Steffi Graf zum ersten Mal in Wimbledon triumphierte. Foto: dpa

20 Jahre ist es nun her, dass Steffi Graf zum ersten Mal in Wimbledon triumphierte. Foto: dpa

London. Der historische Tag vor zwanzig Jahren begann so gar nicht außergewöhnlich. Das Endspiel auf dem "Heiligen Rasen" nahm den gleichen Verlauf wie das im Vorjahr, und Steffi Graf fand wieder kein Mittel, ihre so viel erfahrenere Kontrahentin Martina Navratilova aus dem Rhythmus zu bringen. Es war der 2. Juli 1988, und nichts deutete in diesem ersten Satz des Finals von Wimbledon darauf hin, dass das gerade 19 Jahre alt gewordene schüchterne Mädchen aus dem badischen Brühl an diesem Samstag zur "Queen von Wimbledon" werden sollte, wie die Londoner "Times" später schrieb.

"Es war ein besonderes Spiel. Ich erinnere mich an die Euphorie, die ich empfand, als ich nach dem verlorenen ersten Satz besser und besser spielte", erinnert sich Steffi Graf an jenen Samstag, der ihr Leben prägte. "Schließlich gelang es mir, das Match gegen die beste Rasenspielerin aller Zeiten noch zu drehen."

Doch zunächst war das Geschehen auf dem Center Court irgendwie an ihr vorbeigelaufen. Bei jeder Gelegenheit blinzelte sie auf die Tribüne, von wo aus ihr Vater Peter Graf stumme Zeichen sandte. "Die zwei gestreckten Finger sollten bedeuten, dass sie beim zweiten Aufschlag von Navratilova nach hinten gehen und sich nicht schon vorher für irgendeine Seite entscheiden sollte", erklärte Peter Graf. "Doch sie hat das total missverstanden. Sie meinte, sie sollte vorsichtiger aufschlagen und das erste Service wie ein zweites ins Feld bringen." Die Tochter gehorchte - und gab den ersten Satz ab.

"Wenn ich so weitergespielt hätte, hätte ich verloren", gestand Steffi Graf - und setzte sich über die falsch verstandene Vorschrift hinweg, nachdem sie im zweiten Satz gleich wieder 0:2 zurückgelegen hatte. Doch dann gewann sie neun Spiele nacheinander, und der Widerstand der 31-jährigen Amerikanerin war gebrochen. Mit 5:7, 6:2, 6:1 entthronte sie die damals achtmalige Siegerin und schaffte ihren ersten Triumph bei den All England Championships, dem sechs weitere folgen sollten.

Der Zauber des Sieges beim wohl bedeutendsten Tennisturnier wirkt noch heute. Wimbledon ist und bleibt auch für Graf "absolut das Höchste der Gefühle". Nach dem dritten Schritt zum sogenannten "Golden Slam" schwärmte der "Observer": "Die langbeinige Blonde aus Brühl wurde vom Rampenlicht Wimbledons angestrahlt." Wenige Wochen später brachte sie mit dem Sieg in Flushing Meadows den Grand Slam und mit Gold in Seoul als erste und bislang einzige Tennisspielerin den sogenannten Golden Slam unter Dach und Fach. Die Dimension des Erfolges in Wimbledon erkannte die "Times" sofort: "Es gibt deutliche Zeichen, dass eine neue Ära der Dominanz beginnt." Tatsächlich blieb Steffi Graf für 377 Wochen an der Spitze der Weltrangliste, die sie am 17. August 1987 übernommen hatte.

Drei Jahre nach der "persönlichen Mondlandung", wie Boris Becker seinen ersten Wimbledonsieg bezeichnet, war der Hype in der Heimat nicht ganz so groß. Doch die 15 000-Seelen-Gemeinde Brühl stand beim Empfang der "Wimbledon-Queen" Kopf.

Dem Einzel-Sieg ließ Steffi Graf noch den Titel im Doppel an der Seite ihrer argentinischen Freundin Gabriela Sabatini folgen. Einen totalen deutschen Triumph verdarb Stefan Edberg, der Boris Becker bezwang. Mit dem Schweden sollte der traditionelle Tanz der Champions folgen. Erst einmal musste aber eiligst etwas Passendes zum Anziehen gekauft werden. "An das Kleid möchte ich mich wirklich nicht gern erinnern", sagt Graf. "Ich hatte es am Tag nach dem Sieg in letzter Sekunde mit meiner Mutter besorgt." Und noch ein Geheimnis vom Champions Dinner vor 20 Jahren lüftet sie: "Gott sei Dank musste ich nie tanzen!" dpa

"Gott sei Dank

musste ich

nie tanzen!"

Steffi Graf erinnert sich an das "Champions Dinner" in Wimbledon

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