Alles andere als der Lizenzentzug wäre eine Überraschung

Hamburg · Schicksalstag für den HSV Hamburg: Heute entscheidet eine Lizenz-Kommission der Handball-Bundesliga über die Zukunft des insolventen Champions-League-Siegers von 2013. Ein weiterer Star steht vor dem Absprung.

Erst Lizenzentzug, dann Klagewelle? Die Entscheidung der Lizenzierungskommission der Handball-Bundesliga (HBL) über die Zukunft des HSV Hamburg ist von großer Tragweite. Alles andere als eine Aberkennung der Spielerlaubnis für den Champions-League-Sieger von 2013 wäre eine Überraschung. Es drohen zähe juristische Auseinandersetzungen.

"Wir werden stur und unemotional nach unseren Regeln eine Entscheidung treffen", sagte Liga-Boss Frank Bohmann vor der heutigen Sitzung in Ahlen. Er halte es "nicht für ausgeschlossen", dass das leidige Thema den deutschen Handball noch länger beschäftigen wird.

Das wahrscheinliche Aus der Hanseaten würde nicht nur einen Imageschaden für die Liga bedeuten. Es würde wohl auch eine Klagewelle in Bewegung setzen. Sollte der HSV die HBL wie befürchtet bei der Lizenzvergabe getäuscht haben, droht nicht nur der dann unberechtigt abgestiegene Zweitligist GWD Minden mit juristischen Schritten. "Durch den Abstieg hat der Verein finanzielle Verluste erlitten und Spieler verloren", sagte Geschäftsführer Horst Bredemeier.

Im Falle eines Lizenzentzugs wären die unmittelbaren Konsequenzen erst noch zu ermitteln. Laut Statuten dürfte der HSV die aktuelle Saison in der Bundesliga beenden, bevor der Zwangsabstieg eintritt. Doch ob die Hanseaten dazu in der Lage wären, ist mehr als fraglich. Also prüfen auch die Clubs, die den Meister von 2011 noch in der Rückrunde in ihrer Halle erwarten, ihre Optionen für den Fall von fremdverschuldeten Verdienstausfällen.

Insolvenzverwalter Gideon Böhm, der anstelle des freigestellten Geschäftsführers Christian Fitzek inzwischen für den einstigen Spitzenclub verantwortlich zeichnet, hatte bei Bestätigung der Einleitung eines Insolvenzverfahrens am Freitag die Befürchtung geäußert, dass die Lizenz des HSV "makelbehaftet" sei. Zu einer Verpflichtungserklärung des ehemaligen Mäzens Andreas Rudolph über rund 2,5 Millionen Euro gab es offenbar eine vertragliche Einschränkung, die Fitzek der HBL vorenthielt.

Mittlerweile ist die Geschäftsstelle der Profiabteilung des HSV verwaist, und auch der Rest-Kader schrumpft mehr und mehr. Mit dem dänischen Handball-Nationalspieler Hans Lindberg steht der vierte Profi vor dem Absprung. Abnehmer sind vermutlich die Füchse Berlin. "Ich hoffe, dass wir ihn kriegen können", sagte Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning gestern.

Lindberg ist wie die bereits abgewanderten Adrian Pfahl, Jens Vortmann und Ilija Brozovic ablösefrei. Er verlässt seine Wahlheimat nur schweren Herzens und beklagte sich über die Gebaren an der Elbe. "Unser Geschäftsführer hat uns ins Gesicht gelogen", sagte der 34-Jährige und griff damit Fitzek an: "Er hat gesagt, dass wir nichts überstürzen sollen. Und dann erfährt man, dass es gar keine Chance für ein Überleben mehr gibt."

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