Fußball-Bundesliga Alle Augen blicken auf Steinhaus

Frankfurt · Schiedsrichterin wird am Sonntag als erste Frau ein Bundesliga-Spiel leiten – ein Meilenstein im deutschen Fußball.

 Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus steht schon seit einigen Jahren in der 2. und 3. Liga ihre Frau. Jetzt leitet sie erstmals ein Erstliga-Spiel: Das sorgt für jede Menge Medienrummel.

Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus steht schon seit einigen Jahren in der 2. und 3. Liga ihre Frau. Jetzt leitet sie erstmals ein Erstliga-Spiel: Das sorgt für jede Menge Medienrummel.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Das Warten hat ein Ende, die Bundesliga tanzt nach Steinhaus‘ Pfeife: Bibiana Steinhaus wird an diesem Sonntag (15.30 Uhr/Sky) bei der Begegnung zwischen Hertha BSC und Werder Bremen als erste Frau in der Fußball-Bundesliga ein Spiel leiten. Auch wenn das Duell am dritten Spieltag von Schlusslicht Bremen beim Europa-League-Starter Berlin durchaus Spannung verspricht, werden alle Augen auf die Schiedsrichterin gerichtet sein.

„Meine Vorfreude auf die erste Partie in der Bundesliga ist natürlich sehr groß“, sagt Steinhaus: „Ich freue mich, dass diese tolle Herausforderung für mein Team und mich am Sonntag endlich losgeht.“ Welche Überschrift sie danach gerne lesen würde? „Keine, dann ist alles gut“, hatte Steinhaus in einem ausführlichen Interview mit den Zeitungen der Madsack-Gruppe im Vorfeld des Debüts deutlich gemacht. Es wird wohl ein frommer Wunsch bleiben.

Dabei dürfte Steinhaus den Medienrummel gewohnt sein: Als vor einem Jahr ihre Beziehung zu ihrem Kollegen, dem englischen Top-Schiedsrichter Howard Webb, bekannt wurde, machte sie Schlagzeilen, und nun wird sie eine der letzten Männer-Festungen zu Fall bringen. Dabei war das gar nicht ihr Ansinnen. „Ich hatte nie vor, einen Emanzipationsweg zu beschreiten. Ich tue nur, was ich liebe“, sagte die 38-Jährige im Juli im Trainingslager der Unparteiischen in Grassau.

Dabei war der Ausgangspunkt ihrer Karriere durchaus ungewöhnlich – denn eigentlich sollte aus Stein­haus eine Schwimmerin werden. „Ich war mit meiner Mutter ein Kleid für den Abschlussball aussuchen, passte aber in keines richtig rein“, sagte die Langenhagenerin: „Ich bin damals leistungsmäßig geschwommen und hatte den typischen Körper einer Schwimmerin mit breiten Schultern. Das war der Moment, in dem ich entschied, nicht mehr ins Wasser zu gehen.“

Was folgte, war eine imposante Laufbahn als Unparteiische. Sechsmal war Steinhaus Schiedsrichterin des Jahres, sie leitete 80 Zweitliga-Spiele, seit 2009 ist sie bei internationalen Frauen-Turnieren im Einsatz, zuletzt bei der EM in den Niederlanden. Nach zehn Jahren in der 2. Liga steigt sie nun in die Bundesliga auf. „Das hat sie sich durch starke Leistungen verdient. Das zählt, und nicht ob Mann oder Frau“, sagte Bremens Trainer Alexander Nouri. Für DFB-Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich war es „einfach an der Zeit“, dass die Polizeihauptkommissarin den Sprung in die Eliteklasse schafft.

Das höhere Tempo bereitet Steinhaus keine Sorgen. „Ich habe noch intensiver gearbeitet, eine Schippe draufgelegt“, sagte die Blondine, die sich mit einem Fitness-Trainer akribisch vorbereitet hat. Den ersten „Härtetest“ hat Steinhaus schon gemeistert. Im DFB-Pokalspiel zwischen Drittligist Chemnitzer FC und Bayern München Anfang August (0:5) öffnete Bayern-Star Franck Ribery der Schiedsrichterin den Schnürsenkel, als er sich den Ball für einen Freistoß zurechtlegte. Ein Streich, den sie mit einem Lächeln und einem Klaps souverän quittierte: „Für mich hat es sich wie eine Willkommensgeste angefühlt. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er das mit einem Hintergedanken gemacht hat.“

Eine andere Sportart kann Steinhaus als Vorbild dienen. Jutta Ehrmann-Wolf und Susanne Künzig pfiffen im Handball zwischen 1990 und 2009 über 500 Spiele in den höchsten deutschen Ligen, davon mehr als 100 in der Männer-Bundesliga. Bei der WM in Frankreich im Januar wurde zudem das erste Frauen-Gespann eingesetzt. Die Zwillinge Charlotte und Julie Bonaventura leiteten vier Partien.

Bis Bibiana Steinhaus vielleicht erstmals bei einer Männer-WM aufläuft, ist es noch ein weiter Weg. Doch der erste Schritt dahin wird an diesem Wochenende gemacht: Dann tanzen die Bundesliga-Profis erstmals nach ihrer Pfeife.

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