Ihre ersten Tage als rehabilitierte Leichtathletin genießt Veronica Campbell-Brown in vollen Zügen. "Manchmal frage ich mich: Wie kann ich das alles ausblenden? Aber dann mache ich weiter wie immer und habe viel Spaß", sagt Jamaikas erfolgreichste Sprinterin vor dem heutigen Start der Hallen-WM im polnischen Sopot (ab 10 Uhr/Eurosport). Ihr Dopingfall, der letztlich keiner ist, wird ein langes Nachspiel haben - für den Weltverband und die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada). Denn letztlich zerbröselt das gesamte System, wenn sich die unterste Instanz als angreifbar erweist.

"Was mir letztes Jahr genommen wurde, hole ich mir eben dieses Jahr", sagt die 31-Jährige, die am Sonntag ihren Titel über 60 Meter verteidigen will. Dabei wird in ihrem Fall deutlich, wie mitunter bei der Doping-Verfolgung der schwarze Peter fröhlich an die nächstbeste Instanz weitergereicht werden kann. Fakt ist: Bei der dreimaligen Olympiasiegerin war bei einem Meeting am 4. Mai 2013 in Jamaikas Hauptstadt Kingston in der A- und B-Probe das verbotene Diuretikum Lasix nachgewiesen worden. Das Mittel kann zur Verschleierung anderer Dopingmittel benutzt werden. Allem Anschein nach ging es aber bei der Kontrolle alles andere als seriös zu.

Der nationale Verband JAAA sperrte die Sprinterin zunächst provisorisch, eine Disziplinarkommission hob die Sperre im Oktober auf und erteilte ihr eine öffentliche Verwarnung. So urteilte auch der Weltverband, er stufte das Vergehen als geringfügig ein. Die WM in Moskau hatte Campbell-Brown trotzdem verpasst - freiwillig trat sie nicht zur nationalen Ausscheidung an. Das letzte Wort hatte der Internationale Sportgerichtshof CAS, der sie am 25. Februar freisprach. Die Begründung, und dies unterstreicht die Absurdität, lässt nach wie vor auf sich warten.