"Acht Olympia-Teilnehmer wären unglaublich stark"

Herr Bender, das Olympia-Jahr 2012 hat begonnen - für die deutschen Ruderer mit einem Trainingslager in Italien. Wo lagen die Schwerpunkte?Uwe Bender: Erstens ging es darum, viel zu rudern, große Umfänge an Kilometern zu absolvieren. Das ist im Winter wichtig, weil das Risiko besteht, dass hier in Deutschland das Wassertraining wegen Hochwasser, Kälte oder Eis ausfällt

 In Wassernähe fühlt sich Uwe Bender am wohlsten. Der Ruder-Bundestrainer schlendert an der Saar entlang. Aktuell bereitet er die besten saarländischen Ruderer auf die Olympia-Saison vor. Foto: Thomas Wieck

In Wassernähe fühlt sich Uwe Bender am wohlsten. Der Ruder-Bundestrainer schlendert an der Saar entlang. Aktuell bereitet er die besten saarländischen Ruderer auf die Olympia-Saison vor. Foto: Thomas Wieck

Herr Bender, das Olympia-Jahr 2012 hat begonnen - für die deutschen Ruderer mit einem Trainingslager in Italien. Wo lagen die Schwerpunkte?Uwe Bender: Erstens ging es darum, viel zu rudern, große Umfänge an Kilometern zu absolvieren. Das ist im Winter wichtig, weil das Risiko besteht, dass hier in Deutschland das Wassertraining wegen Hochwasser, Kälte oder Eis ausfällt. Wenn wir hier das Training nur auf der Ruder-Maschine abhalten würden, würde die technische Komponente fehlen und das Training würde für die Ruderer schnell langweilig werden. Die Nationalmannschaft haben wir gesplittet, da sonst die Anzahl an Trainern, Sportlern und Booten zu groß gewesen wäre. Die Skuller waren in Portugal, die Riemen-Ruderer waren wie ich in Italien.

In der Gesamtheit der Deutschen betrachtet - wie sind die Athleten zum jetzigen Zeitpunkt in Form?

Bender: Das kommt auf die einzelnen Disziplinen an und darauf, wie gut sie durchs Trainingslager kommen. Die Schwergewichts-Ruderer sind beispielsweise eine von drei Wochen wegen einer Magen-Darm-Grippe ausgefallen. Ich bin mit den Leichten glücklicherweise ohne Probleme durchgekommen. Wir konnten genau das, was ich auf dem Plan hatte, umsetzen und sind entsprechend weit.

Für den Leichtgewichts-Vierer, den Sie angesprochen haben, ist das vergangene Jahr nicht sonderlich gut gelaufen. Die Brüder Kühner und Schömann-Finck wurden bei der WM in Bled nur Dritte im B-Finale - was zwar einen Quotenplatz für Olympia bedeutete, aber auch eine große Differenz zum Titel im Jahr 2009. Wie kam dieser Unterschied zustande?

Bender: Die Leistungsdichte in dieser Bootsklasse ist immer sehr eng. Bei der WM 2010 waren wir nur eine halbe Sekunde von der Spitze weg und wurden trotzdem Vierter. Da ist man mit ein bis zwei Sekunden ganz schnell im B-Finale. In diesem Jahr kamen während der Saison noch mehrere Ausfälle wegen Krankheiten und Verletzungen dazu, weil der Sommer recht kühl war. Wir haben schon während der Regatta-Saison gemerkt, dass der Fitness-Stand gefehlt hat.

Was bis dato anders aussieht?

Bender: Ja, wenn wir verletzungsfrei durchkommen und gut trainieren, haben wir einen ganz anderen Leistungsstand als letztes Jahr. Ich bin überzeugt, dass wir jetzt wesentlich besser sind.

Im leichten Vierer sind die Plätze hart umkämpft und ein Saarland-Vierer nicht selbstverständlich. Wer erhebt noch Ansprüche auf das Boot?

Bender: Im Trainingslager hatte ich acht Ruderer dabei. Neben Matthias und Jost Schömann-Finck und Martin und Jochen Kühner waren das Christian Hochbruck, der für den RC Karlstadt startet, aber in Saarbrücken lebt und studiert, Jonas Schützeberg aus Berlin und die beiden Hamburger Bastian Seibt und Lars Wichert. Das erhöht natürlich die Konkurrenzsituation und sorgt bei jedem Sportler für mehr Leistungsdruck. Dadurch werden die Boote aber auch leistungsfähiger und schneller. Die Entscheidung, wer am Ende einen Platz bekommt, wird sehr eng. Jeder bringt seine Stärke ein.

Wie der Vierer hat auch Nina Wengert im Doppelzweier einen Quotenplatz gesichert. Wie schätzen Sie ihren Leistungsstand und ihre Chancen momentan ein?

Bender: In Ninas Skull-Bereich sind sieben Plätze zu vergeben, im Einer, Zweier und Doppelvierer. Da ist noch alles offen, andere Sportler wollen sich auch für diese Boote qualifizieren. Es ist durchaus möglich, dass Ruderer innerhalb dieser Klassen durchgetauscht werden. Und am begehrtesten ist der Doppelvierer, der Weltmeister geworden ist. Er ist auch Medaillenkandidat für Olympia. Aber dass Nina ganz aus der Gruppe rausrutscht, glaube ich nicht, da die Besetzungen bei der WM recht erfolgreich waren.

Weniger erfolgreich war Anja Noske. Mit Marie-Louise Dräger hat sie im leichten Doppelzweier die Olympia-Quali verpasst.

Bender: Über den Herbst haben wir viele Tests gemacht, auch auf der Langstrecke in Dortmund. Für die Bootsklasse wurde wieder der Kreis mit Anja, Marie-Louise Dräger, Lena Müller und Sina Burmeister benannt. Diese Vier waren auch im Trainingslager in Portugal. Vorher war es so, dass Anja Noske und Marie-Louise Dräger die stärksten Leistungen im Einer gebracht haben und deshalb zusammen in den Zweier gekommen sind. Jetzt ist es aber bewusster, dass die schnellsten Einer nicht automatisch den schnellsten Zweier ergeben. Auch hier ist noch alles offen.

Zudem muss sich der leichte Zweier erst noch nachträglich für Olympia qualifizieren. Wann hat er dazu die Möglichkeit?

Bender: Drei Tage vor dem zweiten Weltcup im Luzern im Mai findet diese nachträgliche Qualifikations-Regatta für die Olympischen Spiele statt.

Katharina Weingart war im vergangenen Jahr für die WM noch nicht berücksichtigt - jetzt drängt sie in den Frauen-Achter. Wird sie den Sprung schaffen?

Bender: Der Skull-Bereich ist bei den Frauen sehr stark besetzt. Dort war Katharina zwar eine Einer-Fahrerin, die vorne dabei war, hatte aber zu wenig Erfahrung, um sich in ein Mannschafts-Boot zu integrieren. Daher haben wir die Entscheidung getroffen, dass sie in den Riemen-Bereich wechseln soll. Seit Herbst trainiert sie mit Nora Franzen, die auch in Saarbrücken lebt. In Dortmund haben sie den dritten Platz erreicht und sich erstmals sehr gut empfohlen. Sie sind beide physisch sehr stark, was dem Achter im vergangenen Jahr gefehlt hat. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass die beiden sich qualifizieren.

Wann nominiert der Ruderverband die Athleten endgültig?

Bender: Vom 21. Februar bis 9. März sind wir in Sevilla im Trainingslager. Außerdem fahren wir noch einige Leistungstests auf dem Ruder-Ergometer und eine Rangfolge-Regatta im Kleinboot in Köln. Das ist von uns Trainern frei organisiert und dient als erste Überprüfung. Am 17. April findet dann die offizielle Kleinboot-Überprüfung statt, sodass jeder Athlet zwei Ergebnisse dastehen hat. Erst dann geben wir unsere Nominierungs-Vorschläge an den DRV ab. In der Besetzung werden die Boote dann auch voraussichtlich bei den Weltcups starten. Wenn die Leistungsdichte zu groß ist, kann es auch sein, dass wir bei den Weltcups noch testen werden.

Rein vom Gefühl her: Mit wie vielen Saar-Ruderern rechnen Sie in London?

Bender: Das ist schwierig . . . Chancen haben alle. Acht Athleten zu entsenden, wäre für das Saarland unglaublich stark. Aber es ist realistisch, dass der ein oder andere es nicht schafft, weil die Konkurrenz groß ist.

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