Abstiegskampf in der zweiten Heimat

Saarbrücken. Der Präsident des georgischen Fußball-Verbandes, Domenti Sichinava, ist ein guter Bekannter. Ebenso Verbandsgeneralsekretär Revaz Arveladze, der in den 90er Jahren für den FC Homburg spielte. Der Trainer der Nationalmannschaft, Temuri Ketsbaia, ist gar ein guter Freund. Melori Bigvava selbst war in seiner Heimat ein bekannter Fußballer

 Früher georgischer Nationalspieler: Melori Bigvava. Foto: Dietze

Früher georgischer Nationalspieler: Melori Bigvava. Foto: Dietze

Saarbrücken. Der Präsident des georgischen Fußball-Verbandes, Domenti Sichinava, ist ein guter Bekannter. Ebenso Verbandsgeneralsekretär Revaz Arveladze, der in den 90er Jahren für den FC Homburg spielte. Der Trainer der Nationalmannschaft, Temuri Ketsbaia, ist gar ein guter Freund. Melori Bigvava selbst war in seiner Heimat ein bekannter Fußballer. Er kickte in der ersten Liga der Sowjetunion, zu der Georgien bis 1990 gehörte, regelmäßig vor mehr als 70 000 Fans. 1993 wechselte der Nationalspieler dann als erster Georgier nach Deutschland. In "seiner zweiten Heimat" fühlt er sich wohl. Dass der heutige Trainer des Oberligisten Sportfreunde Köllerbach einmal für seinen Heimatverband arbeiten wird, kann er sich noch nicht vorstellen. Wobei er eine Rückkehr nicht ausschließt, "wenn die Kinder groß sind". Sohn Surabi ist 18, spielt in der A-Jugend der JFG Saar-Halberg im Mittelfeld. Wie der Papa früher. Sandro ist neun, kickt bei Borussia Neunkirchen weiter vorne als der Papa in seiner Borussen-Zeit. "Mich haben sie überall spielen lassen", erzählt der von seiner Karriere, die ihn von Dynamo Tiflis, 1981 Gewinner des Europapokals der Pokalsieger, zu Wormatia Worms brachte. Das war 1993. Schwierige Zeiten nach der Abkapselung von den Sowjets. "Hauptsache raus", so das Motto damals in Georgien. "Bei Dynamo hieß es, dass jemand aus Deutschland gefragt habe, ob Spieler zum Probetraining kommen können", berichtet Bigvava: "Das lief unprofessionell ab: Drei Spieler bekamen Flugtickets. Wir wussten nicht, wo wir Probetraining machen, konnten nicht mal ,Guten Tag' sagen. Am Flughafen stand dann einer mit einem Schild und holte uns ab." Bigvava war 30 Jahre alt. Über Worms ging's nach Neunkirchen, zum 1. FC Saarbrücken, zurück zur Borussia, über die SF Eisbachtal, die Spvgg. Wirges und den SV Weingarten 2005 nach Köllerbach. Dort war er Spieler, Spieler auf Abruf samt Co-Trainer. Bis er im September 2008 Jörg Nehren als Trainer ablöste. Der schleichende Wechsel vom Spielfeld an den Spielfeldrand war nicht leicht. Ob der Techniker als Trainer ein harter Hund oder Kumpeltyp sei? "Ich bin im Training harter Hund, aber auch Kumpel. Ich lerne noch. Ich bin als Spieler ja erst ein Jahr aus dem Fußball raus", sagt Bigvava. Wobei die Verletzungsmisere ihn wieder zum Spieler machte: Zwischen dem fünften und zwölften Spieltag stürzte Köllerbach von Rang drei auf Platz 16 ab - ein Punkt aus sieben Spielen. "Wir hatten viele Verletzte. Ich musste mit meinen 46 Jahren auflaufen, da wir so viele Spieler nicht ersetzen können", sagt der Georgier. Der Kader ist klein. Einziger Winterzugang ist Neunkirchens Julien Lücke. Die Borussia ist am 27. Februar erster Gegner nach der Winterpause. Köllerbachs "spielerisch starke Mannschaft" (Bigvava) hat ein weiteres Problem. Zwölf Akteure arbeiten in der Spielbank, darunter Dominik Groß, Davit Bakhtadze, Romuald Houllé, Mohamed Benghebrid, Dimitri Abazadze - und Bigvava, der erklärt: "Wenn fünf bis sechs Spieler bis fünf Uhr morgens arbeiten und mittags spielen sollen, rächt sich das natürlich irgendwo." Andererseits sei es wichtig für den Club, dass es die Möglichkeit gibt, bei der Spielbank zu arbeiten. Denn einen wie den in Neunkirchen suspendierten Arif Karaoglan, der einem Mitspieler eine Flasche auf den Kopf gehauen haben soll, könne man "nicht finanzieren, da er Profi ist". Bei professionelleren Clubs als Köllerbach weckt Bakhtadze Interesse. 16 Tore bis zur Winterpause lassen aufhorchen. Bigvava sagt über seinen 31 Jahre alten Landsmann: "Im Saarland gibt es keinen besseren Stürmer. Bei einem Angebot muss man überlegen, was besser für Davit ist. Aber er ist eng mit Köllerbach verbunden und ich weiß nichts von einem konkreten Angebot." Ein Angebot, als Trainer in Köllerbach zu bleiben, würde Bigvava wohl annehmen. Vorrangig sei aber erst einmal, "fünf Spiele zu gewinnen, um in der Liga zu bleiben". Ob der Ex-Nationalspieler dann doch irgendwann bei seinen Freunden in Georgiens Fußball-Verband arbeiten wird, wer weiß? "Ich lerne noch."Melori Bigvava, Trainer der Sportfreunde Köllerbach

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort