Abheben verboten

Amsterdam. Plötzlich war die Stimme von Kevin Großkreutz ganz leise. Nur ein Flüstern brachte der Mittelfeldspieler von Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund hervor, als er Bilanz der Champions-League-Vorrunde zog: "Das ist der Wahnsinn, diese Gruppe als Tabellenführer zu beenden. Aber es ist verdient, weil wir jeden Gegner von Anfang an beherrscht haben

Amsterdam. Plötzlich war die Stimme von Kevin Großkreutz ganz leise. Nur ein Flüstern brachte der Mittelfeldspieler von Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund hervor, als er Bilanz der Champions-League-Vorrunde zog: "Das ist der Wahnsinn, diese Gruppe als Tabellenführer zu beenden. Aber es ist verdient, weil wir jeden Gegner von Anfang an beherrscht haben." Gegner der edelsten Kategorie: Real Madrid, Manchester City und Ajax Amsterdam, wo der BVB am Mittwochabend mit 4:1 (3:0) gewonnen und vor dem letzten Gruppenspieltag den Achtelfinal-Einzug als Gruppenerster vor Real perfekt gemacht hat.

Götze an allen Toren beteiligt

Großkreutz' trifft den Kern. Die Spiele in Madrid (2:2) und Manchester (1:1) hätte der BVB fast gewonnen, bei dem in Amsterdam war Ajax chancenlos. "Die drei Spieler da vorne", sagte Ajax-Abwehrspieler Christian Poulsen: "Götze, Lewandowski und Reus, die haben ja aus jeder Chance sofort ein Tor gemacht." Marco Reus traf zum 1:0 (8. Minute). Mario Götze erzielte das 2:0 (36.) und bereitete die anderen drei Treffer vor. Robert Lewandowski erzielte die zwei anderen Tore (41., 67.) - natürlich auf der Basis einer beeindruckend reifen Mannschaftsleistung. Aber wie es so ist, wenn Spiele interpretiert werden: Besonders einprägsam sind außergewöhnliche Momente, und niemand konnte sich dem Spektakel entziehen, das Götze veranstaltet hatte.

An allen Toren war der 20-Jährige beteiligt, er hatte die Ajax-Abwehrspieler mit dieser Mixtur aus ungebremstem Tempo und federnder Leichtigkeit umkurvt, getäuscht und getunnelt, wie Weltfußballer Lionel Messi vom FC Barcelona. Er hatte präzise geflankt, klug gepasst und kühl vollstreckt, und als er nach den Gründen für seine großartige Verfassung gefragt wurde, erwiderte Götze: "Ich bin froh, dass ich wieder fit bin." Das Geheimnis der Weltklasseform ist simpel: Gesundheit. Die Analyse sollte bescheiden klingen, bei genauer Betrachtung war sie aber eine Warnung an die Bundesliga und die verbleibenden 15 Konkurrenten in der Königsklasse. Denn der Subtext von Götzes Aussage bedeutet: "Wenn ich fit bin, spiele ich immer so gut."

Der Auftritt des Nationalspielers war derart überragend, dass die Dortmunder es für klug hielten, den Zusammenhang der Leistung Götzes mit der der Mannschaft zu betonen. "Ich bin kein Freund davon, einzelne Spieler über die anderen zu heben", sagte Abwehrspieler Mats Hummels: "Lewandowski macht zwei Tore und arbeitet unglaublich viel für uns, alle anderen ebenso, die komplette Mannschaftsleistung ist ausschlaggebend." Trainer Jürgen Klopp sagte, Götzes Leistung sei "außergewöhnlich, aber seinen Fähigkeiten entsprechend" gewesen.

Experten: Titelgewinn ist drin

Das Kollektiv arbeitet daran, seinen wohl begabtesten Spieler am Boden zu halten. Natürlich sind die Ruhe und die Reife, die von Roman Weidenfeller im Tor, von der Viererkette und der Doppelsechs mit dem umsichtigen Ilkay Gündogan ausgestrahlt wird, Fundament der fabelhaften Offensiv-Momente. Sportdirektor Michael Zorc bezeichnete den Auftritt als "sehr clever, routiniert und professionell". Die Euphorie des Vorjahres, die in dem Vorrunden-Aus endete, ist der Reife gewichen. Und dieses neue Element ist wohl der Grund dafür, dass von Real-Trainer José Mourinho bis Franz Beckenbauer viele den BVB den Titelgewinn zutrauen. "Wer zwei Mal Real Madrid so an die Wand spielt, dem kann man den Champions-League-Sieg auf jeden Fall zutrauen", sagte die Fußball-Ikone.

Am Rande

Borussia Dortmund, Bayern München und Schalke 04 machen in der Champions League Kasse. Zum Startgeld von je 8,6 Millionen Euro kommen jeweils 3,5 Millionen für den Achtelfinal-Einzug. Dortmund und Schalke haben samt Prämien für je drei Siege und zwei Remis bisher je 16,1 Millionen kassiert - 500 000 mehr als die Bayern. Bei Siegen in den letzten Gruppenspielen würde das Bundesliga-Trio je eine weitere Million kassieren. Hinzu kommen Zuschauereinnahmen, bei Erfolg weitere Prämien und erfolgsabhängige Gelder aus dem deutschen Anteil am so genannten Marktpool. Dem BVB stehen daraus als Meister 45 Prozent zu, Vize-Meister Bayern 35 und Schalke 20. Wenn einer der Fußball-Bundesligisten scheitert, steigen die Anteile für die verbliebenen deutschen Clubs. München bekam als Finalist vergangene Saison 14,83 Millionen aus diesem Topf. dpa