Abeyie sagt: „Ich stehe für sauberen Sport“

Saarbrücken · Warum er am 4. Juli 2015 positiv auf zwei anabole Steroide getestet wurde, kann sich Ex-Sprinter Timothy Abeyie nicht erklären. Das erklärte der Brite mit ghanaischen Wurzeln gestern unserer Zeitung.

"Die Wahrheit ist, dass ich nicht erklären kann, wie dies geschehen konnte." Timothy Abeyie, dessen Dopingfall die saarländische Leichtathletik erschüttert (die SZ berichtete), wandte sich gestern mit diesen Worten an die Saarbrücker Zeitung: "Diese Erfahrung war sehr traumatisch. Die Realität sieht so aus, dass die Öffentlichkeit ihre Meinung sowieso sehr schnell hat. Und als Athlet steht man in der Pflicht zu beweisen, dass man nichts willentlich oder wissend genommen hat." Abeyie erklärt, er sei in Deutschland als auch auf internationalen Meisterschaften über zehn Jahre hinweg "oft getestet" worden: "Ich stehe für sauberen Sport."

Der Fall Abeyie beginnt am 4. Juli 2015 bei den süddeutschen Meisterschaften in Kaiserslautern. Walter Hort, der Vorsitzende des SV Saar 05 Saarbrücken , erinnert sich. "Ich war selbst vor Ort", sagt er, "ich hatte für unseren Verein die Meldung der Sportler übernommen." Der Saar-05-Sprinter Abeyie war nicht gemeldet, "aber er tauchte plötzlich auf, meldete sich nach und gewann sein Rennen über 100 Meter", sagt Hort: "Dass er danach zur Dopingprobe musste, habe ich nicht mitbekommen."

Diese Dopingprobe wurde dem 34-jährigen Briten mit ghanaischen Wurzeln zum Verhängnis. In Abeyies Urin fanden sich die anabolen Steroide Stanozol und Metandienon. Nach einem mehr als ein Jahr dauernden Prozess verurteilte das Deutsche Sportschiedsgericht im Auftrag der Nationalen Anti Doping Agentur (Nada) den damaligen Saar-05-Athleten am 16. Oktober für vier Jahre.

Walter Hort sagt, er habe am 18. November, also vor fünf Tagen, in einer E-Mail des Deutschen Leichtathletik-Verbandes an seinen Verein überhaupt erst von dieser Angelegenheit erfahren. Auch der Saarländische Leichtathletik-Bund (SLB) habe erst durch die Veröffentlichung der Nada von dem Dopingfall Abeyie Kenntnis erhalten, sagte Präsident Lothar Altmeyer am Montag der SZ.

Abeyie, der inzwischen in London wohnt, ist seit Jahresbeginn nicht mehr bei Saar 05. "Tim war bei uns unter anderem als Schülertrainer angestellt. Ich habe ihm im Oktober 2015 zum 31. Dezember 2015 gekündigt, weil er Trainingseinheiten versäumt hatte. Da wusste ich noch nicht, was da gelaufen ist", erläutert Hort. Abeyies Start bei den süddeutschen Meisterschaften war sein letzter im Saar-05-Trikot. Die Karriere endet, obwohl sie mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio einen absoluten Höhepunkt hätte erleben sollen. "Ich wollte bis 2016 weiterrennen", teilte Abeyie der SZ gestern mit: "Aufgrund dieses Vorfalls musste ich meine Laufbahn früher beenden."

Abeyies Bestzeit über 100 Meter liegt bei 10,27 Sekunden, gelaufen am 5. Juli 2014 bei den süddeutschen Meisterschaften in Regensburg. Eine Zeit, die noch kein Leichtathlet in einem saarländischen Trikot auf die Tartanbahn gelegt hat. Abeyie müsste damit den Saarlandrekord halten. Die SZ schrieb nach einer Mitteilung des Vereins nach dem Wettkampf in Regensburg am 14. Juli 2014: "Der 32-Jährige verbesserte über 100 Meter im Zwischenlauf den 17 Jahre alten Saar-Rekord von 10,35 auf 10,27 Sekunden und erfüllte die Qualifikationsnorm (10,34) seines Heimatlandes Ghana für die Teilnahme an den Commonwealth Games Ende Juli in Glasgow."

In der ewigen Bestenliste des SLB steht aber Uwe Eisenbeis. Der frühere Topsprinter aus Wiebelskirchen war vor 19 Jahren im Trikot des LC Rehlingen 10,35 Sekunden gelaufen. Stand der ständig aktualisierten Bestenliste: 16. Oktober 2016.

Genau an diesem Tag, dem 16. Oktober 2016, fällte Erhard Rubert, der Präsident des Saarländischen Volleyball-Verbandes und Volljurist, als Richter der "Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit" das Urteil im Rechtsstreit zwischen der Nada und dem Sprinter. Das Urteil liegt der SZ vor.

Bei der Kontrolle in Kaiserslautern hatte Abeyie gesagt, in den Tagen zuvor über Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel Cortison, Protein, ZMA (eine Kombination aus Zink, Magnesium und Vitamin B6, die die Regeneration verbessern soll), L-Carnitine und Tribulus zu sich genommen zu haben. Ob ein Nahrungsergänzungsmittel möglicherweise verunreinigt war, bleibt Spekulation. Die B-Probe ließ Abeyie nicht öffnen. "Um überhaupt eine Möglichkeit zu haben, meine Unschuld beweisen zu können, hätte ich über finanzielle Mittel von etwa 30 000 Euro verfügen müssen. Diese Summe war einfach zu hoch, zumal ich mit dem Sport nicht viel Geld verdient habe", sagte Abeyie: "Wenn man nicht weiß, wie etwas passieren konnte, ist das zermürbend. Bei Athleten, die wissentlich dopen und dann eine Sperre absitzen und wieder starten, ist dieses Zermürbende, glaube ich, nicht der Fall."

Abeyie hat der vierjährigen Sperre zugestimmt - und sorgt damit nach Rouven Christ (damals LAZ Saarbrücken ) im März für den zweiten Dopingfall in der saarländischen Leichtathletik in diesem Jahr.

SLB-Präsident Lothar Altmeyer hatte in der SZ gestern, angesprochen auf ein mögliches Dopingproblem im Saarland, Abeyie als einen Athleten "außerhalb unseres Systems" bezeichnet: "Er hat sein eigenes Ding gemacht." Der Vereins-Vorsitzende Hort sagt: "Bei uns im Verein weiß jeder, dass man nicht dopen darf."

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