Fans kritisieren viel 2017 war auch das Jahr der Fanproteste

Berlin · Kritikthemen sind vielfältig. Ultras und DFB haben den Dialog begonnen, es gibt aber noch viel Arbeit.

 Viel Rauch um viel: Nicht nur die Dortmunder Ultras wie hier oder von Dynamo Dresden haben im ablaufenden Jahr dem DFB den Krieg erklärt.

Viel Rauch um viel: Nicht nur die Dortmunder Ultras wie hier oder von Dynamo Dresden haben im ablaufenden Jahr dem DFB den Krieg erklärt.

Foto: dpa/Jan Woitas

Fans in Tarnkleidung marschieren mit einem großen Banner „Krieg dem DFB“ durch die Karls­ruher Straßen. Der Weg der Anhänger von Zweitligist Dynamo Dresden zum letzten Auswärtsspiel der vergangenen Saison macht vor allem wegen Gewalttaten einiger Anhänger Schlagzeilen. Die Aktion ist der Auftakt zu Protesten, die das Fußball-Jahr in Deutschland prägen. „Der überwiegende Teil der deutschen Fanszene hat sich dieser Kampagne angeschlossen“, sagt Michael Gabriel von der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS).

Hinter der brachialen Parole „Krieg dem DFB“ verbirgt sich laut Gabriel der Wunsch, „stärker einbezogen zu werden“. Viele Fans haben das Gefühl, dass sich der Fußball an ihnen vorbei entwickelt und die Basis immer weiter ausgegrenzt wird. Die Anhänger protestieren gegen Kommerzialisierung, Kollektivstrafen und die weitere Zersplitterung des Spielplans – einige stören sich auch am Verbot von Pyrotechnik.

„Die Kollektivstrafen würde ich an Nummer eins sehen“, sagt Rainer Vollmer aus dem Sprecherrat der Interessenvertretung aktiver Fußball-Fans „Unsere Kurve“ auf die Frage nach den dringend­sten Problemen aus Fan-Sicht. Im kommenden Jahr werde zudem die Spieltagsgestaltung noch eine größere Rolle spielen. „Das wird 2018 jetzt ernst“, sagt Vollmer, nachdem die Deutsche Fußball-Liga die ersten Montagsspiele der Saison für Februar angesetzt hat. „Da ist der Protest schon groß.“

Nicht nur Ultras sind an den Protesten beteiligt. Gabriel erklärt: „Sie agieren vielmehr als Übermittler des Unbehagens großer Teile der Fanszene“. Die Anhänger störten sich „an der Entwicklung des Fußballs generell und am Umgang mit ihnen als Fans“.

Was in Karlsruhe begann, setzte sich unter anderem beim DFB-Pokalfinale in Berlin und zu Beginn der laufenden Saison deutschlandweit fort. In den Stadien hängen Banner, auf denen der Deutsche Fußball-Bund beleidigt wird. Dazu gibt es Wechselgesänge zwischen Heim- und Auswärtskurve: „Scheiß DFB“ – in diesem Punkt sind sich sogar Fans aus sonst erbittert verfeindeten Fanlagern einig. Auch das gescheiterte Experiment mit der chinesischen U20-Nationalmannschaft in der Regionalliga Südwest wurde von vielen Fans heftig kritisiert. Oder die Aufstiegsregelung aus den Regionalligen in die 3. Liga.

Die Situation scheint lange verfahren, doch laut Gabriel gibt es „vielversprechende Signale“. So hat der DFB bereits Kollektivstrafen ausgesetzt. Vollmer spricht von einer „ganz guten Lösung“. Fans und Verband haben einen zwischenzeitlich unterbrochenen Dialog wieder aufgenommen. „Wir haben eine von gegenseitigem Respekt geprägte Diskussionsgrundlage geschaffen“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel nach einem Treffen im November. Allerdings müsse über schwierige Themen auch noch gesprochen werden – wie etwa Stadionverbotsrichtlinien oder den Umgang mit Fanutensilien. Zusätzlich drohen weitere Diskussionen über den Videobeweis. „Das macht die Spontanität und den Fußball kaputt“, sagt Vollmer zur Neuerung seit dieser Saison. Der Widerstand dagegen ist in den Stadien unüberseh- und unüberhörbar. Der Einsatz des Videoassistenten nehme viel „von den Emotionen, die im Fußball eine Rolle spielen“, erklärt Vollmer die Kritik.

Trotz der Fortschritte müssen also noch viele Probleme gelöst werden. Für Vollmer steht dabei etwas Grundsätzliches im Vordergrund: „Es geht um die Frage: Werden Fans künftig bei gewissen Entscheidungen im Vorfeld mit eingebunden oder zumindest frühzeitig informiert?“ Daran wollen die Fans mit dem Verband weiter arbeiten. Vollmer verspricht: „Wir werden alles dafür tun und wir werden auch nicht lockerlassen.“

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