Nach dem deutschen 1:1 gegen Serbien Ein Remis mit positiven Seiten

Wolfsburg · Bundestrainer Löw hat beim 1:1 im Testspiel gegen Serbien eine gute Mentalität erkannt. Der Geduldsfaden der Fans ist aber dünn, das war in Wolfsburg zu hören. Zumal es auch Probleme in der Abwehr und bei der Chancenverwertung gab.

 Torschütze Leon Goretzka, Abwehrspieler Thilo Kehrer und Mittelfeldmotor Marco Reus (von links) gehen nach dem 1:1 gegen Serbien über den Platz und bedanken sich bei den Fans in Wolfsburg für die Unterstützung, die allerdings zeitweise eher mäßig ausfiel.

Torschütze Leon Goretzka, Abwehrspieler Thilo Kehrer und Mittelfeldmotor Marco Reus (von links) gehen nach dem 1:1 gegen Serbien über den Platz und bedanken sich bei den Fans in Wolfsburg für die Unterstützung, die allerdings zeitweise eher mäßig ausfiel.

Foto: dpa/Swen Pförtner

Jetzt läuft der Countdown für Holland. Joachim Löw setzt nach dem Jahresauftakt mit reichlich Schönheitsfehlern auf ganz viel Kommunikation. „Wir werden jetzt das Spiel unter die Lupe nehmen, aber ab Freitag beginnt die Vorbereitung. Das heißt, viele Gespräche führen, Situationen aufzeigen, der Mannschaft und einzelnen Spielern. Was können wir besser machen? Wo waren die Fehler?“, beschrieb der Bundestrainer nach dem 1:1 gegen Serbien seinen Plan für das brisante Oranje-Duell zum Start der Fußball-Nationalelf in die EM-Qualifikation am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) in Amsterdam.

So kritisch wie seine Spieler wollte Löw nach dem durchwachsenen Start ins Länderspieljahr angesichts des großen Umbruchs nicht sein. Dem Remis konnte der Bundestrainer sogar positive Seiten abgewinnen. „Die Mentalität der Mannschaft, die so noch nicht zusammengespielt hat, war sehr gut. Das war ein deutliches Signal“, sagte Löw. Mit der zweiten Halbzeit sei er absolut zufrieden.

Seine Führungsspieler Marco Reus und Ilkay Gündogan blickten allerdings mit Restzweifeln auf die schwere Partie in den Niederlanden. Zu frisch sind die Erinnerungen an das demütigende 0:3 im Oktober in der Amsterdam-Arena und das 2:2 im November in Gelsenkirchen, das den Abstieg in der Nations League besiegelte. „Wir stellen uns nicht hin und sagen, wir sind klarer Favorit, weil wir einen Umbruch haben. Es muss sich erst mal alles finden. Aber wir haben nicht viel Zeit, in Holland geht es direkt zur Sache. Wir hoffen, dass wir das Sonntag bügeln können“, sagte Reus, der gegen Serbien der Garant für den Aufschwung in der zweiten Hälfte war.

Auch Ersatz-Kapitän Gündogan formulierte eine latente Ungewissheit: „Sind wir besser als die Holländer, sind wir es nicht?“, fragte der ManCity-Star. Seine eigene Antwort: „Verstecken müssen wir uns nicht. Wir haben schon eine schlagkräftige Truppe. Ein Unentschieden wäre erst mal nicht so schlecht“, sagte Gündogan nach der für ihn bewegenden zweiten Halbzeit mit der schwarz-rot-goldenen Binde.

Löw meint das Grundübel beim Start in seine „neue Zeitrechnung“ schon erkannt zu haben. „Fehlende Konsequenz“ beim Verteidigen wie auch bei der geradezu verschwenderischen Chancenverwertung. „Diese Dinge müssen wir ansprechen“, kündigte Löw seinen Aufgabenplan vor dem Flug von Braunschweig in die Niederlande am Samstag an.

Ein Null-Punkte-Fehlstart würde die ohnehin kritische Grundstimmung nach der Ausmusterung von Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng richtig ins Negative kippen lassen. Die Pfiffe in Wolfsburg zur Halbzeit verdeutlichten unüberhörbar die Ungeduld der Fans nach dem WM-Desaster in Russland und der Nations-League-Pleite. „Wir müssen uns wieder Kredit erspielen“, forderte DFB-Direktor Oliver Bierhoff. In den Zeiten der Krise sind es Nuancen, die für Gesprächsstoff sorgen. Die Torhüter Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen klatschten sich bei ihrem Halbzeitwechsel nicht ab. Zufall? Oder ein Zeichen der Spannung im Team? Löw sieht keine Anzeichen für eine ungesunde Torwart-Rivalität und machte klar, dass Neuer in Holland spielen werde. Herausforderer ter Stegen soll im Laufe des Jahres weitere Bewährungschancen bekommen.

„Man hat viele Gesichter gesehen, mit denen ich in der U21 zusammengespielt habe. Jetzt liegt es an uns, zu zeigen, dass wir hier zu Recht sind“, beschrieb Torschütze Leon Goretzka den Neuanfang. In Amsterdam sieht Löw keine Kapazität für neuerliche Experimente. Toni Kroos, Antonio Rüdiger und Reus werden als Stabilisatoren wieder in die Startelf rücken.

Der immer wichtiger werdende Außenstürmer Leroy Sané überstand ein böses Foul zum Glück unverletzt. „Keine Sorge, mir geht es gut, mit dem Sprunggelenk ist alles okay“, sagte der 23-Jährige nach dem bösen Foul von Milan Pavkov, der dafür in der Nachspielzeit die Rote Karte sah. Löw hofft zudem auf die Dynamik des zuletzt grippekranken Münchners Serge Gnabry. Rechtsverteidiger Lukas Klostermann erlitt dagegen bei seinem Nationalelfdebüt einen Muskelfaserriss in den Adduktoren und reiste gestern aus dem Teamquartier ab.

Gegen Serbien war zu Tage getreten, dass die Defensivzentrale mit Jonathan Tah an der Seite des gesetzten Niklas Süle zu große Probleme hatte und der unfassbare Chancenwucher des sehr agilen Sané sowie des unglücklich agierenden Timo Werner fast zur Niederlage geführt hätten. Die Serben hätten nach der frühen Führung durch Luka Jovic nur nachlegen müssen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort