Rudern Der „Sechser im Lotto“ ist bereit

Linz · Erst Europameister, jetzt Weltmeister? Oliver Zeidler erlebt seit seinem Wechsel zum Rudern einen rasanten Aufstieg.

 Bei der Europameisterschaft auf dem Rotsee in Luzern trumpfte Ruder-Neuling Oliver Zeidler im Einer auf. Auch bei der am Sonntag beginnenden WM in Linz will der 23-Jährige die Siegerfaust in die Luft strecken.

Bei der Europameisterschaft auf dem Rotsee in Luzern trumpfte Ruder-Neuling Oliver Zeidler im Einer auf. Auch bei der am Sonntag beginnenden WM in Linz will der 23-Jährige die Siegerfaust in die Luft strecken.

Foto: dpa/Alexandra Wey

Das Interesse ist größer, der Trubel um seine Person deutlich gestiegen. Dass das nicht spurlos an ihm vorübergeht, musste auch der sonst so gelassene Oliver Zeidler zugeben. „Es kommt einiges zusammen, es ist alles nicht ganz so einfach“, sagt der 23 Jahre alte ehemalige Schwimmer. Die Nachfrage der Medien sei nach seinem EM-Titel „extrem groß“. Kein Wunder: Zeidler ist der Senkrechtstarter schlechthin im deutschen Rudern.

In einer Sportart, in der meist der Achter die Schlagzeilen beherrscht, ruderte sich Zeidler im prestigeträchtigen Einer eindrucksvoll in den Vordergrund. „Zeidler stiehlt dem Deutschland-Achter die Show“, titelte die FAZ nach seiner goldenen EM-Vorstellung in Luzern. Der momentane Hype soll nur der Anfang sein, die Steigerung bei den am Sonntag beginnenden Weltmeisterschaften in Linz folgen.

Der WM-Titel wäre das nächste Kapitel einer „bilderbuchmäßigen Geschichte“ (Zeidler). Erst vor drei Jahren entdeckte er das Rudern für sich. Als Jugendlicher hatte er sich erfolgreich im statt auf dem Wasser versucht, holte mehrere DM-Titel als Schwimmer, verlor aber die Motivation – schließlich landete er im Ruderboot. „Als ich gemerkt habe, dass ich Talent für diesen Sport habe, habe ich extrem viel Energie reingesteckt“, sagt Zeidler.

Es wirkt mitunter schwerfällig, wenn sich der 2,03 Meter große Zeidler im schmalen Boot fortbewegt. Er selbst sagt: „Ich fahre anders, das sieht man auch, aber es funktioniert.“ Zeidlers Talent kommt nicht von ungefähr. Vater Heino war Ruderer und ist jetzt sein Trainer, Großvater Hans-Johann Färber holte ebenso Olympia-Gold wie Tante Judith Zeidler.

Sollte sich Zeidlers Aufstieg derart fortsetzen, bekäme das deutsche Rudern unweigerlich ein neues Aushängeschild. „Das wäre natürlich wunderschön“, sagt Zeidler. Doch er machte zuletzt auch klar: Vielleicht ist schon nach Olympia 2020 wieder Schluss. „Ich mache es abhängig davon, wie die finanzielle Situation nach Tokio ist“, sagt er. Der Deutsche Ruderverband würde einen großen Hoffnungsträger verlieren. Bundestrainer Ralf Holtmeyer hatte ihn unlängst als „Sechser im Lotto“ bezeichnet, und auch die Kollegen aus dem Achter zollten für die Entwicklung großen Respekt.

Wenn sein Vorlauf am Sonntag startet, werden Zeidler die Lobeshymnen kaum helfen – die Konkurrenz wird größer sein als bei der EM. Eine Sache aber, und darauf weist Zeidler deutlich hin, gibt ihm einen zusätzlichen Schub. In den vergangenen beiden Jahren wurde der jeweilige Einer-Europameister im Anschluss auch Weltmeister. „Ein ganz gutes Omen“, sagt Zeidler: „Die Eins vor meinem Namen wäre das höchste aller Gefühle.“

Mit dem Titel käme er auch seinem großen Traum im kommenden Jahr ein großes Stück näher, den Olympischen Sommerspielen in Tokio. Für Olympia setzte er sich ins Boot, für Olympia schuftete er seither unzählige Stunden. „Der Traum von einer olympischen Medaille fährt bei jedem Training mit“, sagt er. Doch zunächst wartet die WM – und vielleicht die nächste Stufe seines rasanten Aufstiegs.

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