Schwimmen Wellbrock ist bereit für den historischen Coup

Gwangju · Mit einer Mischung aus Druck und Vorfreude geht Deutschlands neuer Schwimmstar in die Becken-Wettkämpfe der WM in Südkorea.

 Florian Wellbrock will auch im Becken um den WM-Titel schwimmen. Seine Badekappe lässt er schon mal um den Zeigefinger rotieren.

Florian Wellbrock will auch im Becken um den WM-Titel schwimmen. Seine Badekappe lässt er schon mal um den Zeigefinger rotieren.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Den Weg vom Call Room zu seinem Startblock ist Florian Wellbrock schon einmal abgegangen. „Es ist mir sehr wichtig, das einmal zu visualisieren, um Sicherheit zu erlangen“, sagt der Freiwasser-Weltmeister vor seinem Start in die WM-Beckenrennen über sein einziges Ritual: „Ansonsten wird einfach Wettkampf geschwommen.“

Deutschlands neuer Schwimmstar brennt darauf, über 800 Meter ab diesem Dienstag und erst recht am Samstag über 1500 Meter Freistil seine historische Doppel-Mission erfolgreich zu Ende zu bringen – wenn möglich erneut mit einem Goldcoup. Noch nie zuvor ist es einem Mann gelungen, im Freiwasser und auf der Bahn WM-Medaillen zu gewinnen. „Ich weiß, dass ich gut in Form bin und mich auf keinen Fall verstecken muss“, sagt der Zehn-Kilometer-Champion.

Er verspüre „20 Prozent Druck und 80 Prozent Vorfreude“, verrät der 21-Jährige. Die gestiegene Erwartungshaltung versucht der Magdeburger ein wenig zu bremsen: „Ich bin Weltmeister geworden, aber im Becken werden es ganz andere Rennen.“ Auch wenn er selbst mit dem maximalen Anspruch in den Wettkampf geht. „Er tritt immer an, um Rennen zu gewinnen. Etwas anderes hat er nicht auf dem Zettel“, sagte sein zum Teamchef des Deutschen Schwimmverbandes aufgestiegener Heimtrainer Bernd Berkhahn.

Wenn der Italiener Gregorio Paltrinieri neben Wellbrock startet, gilt das umso mehr. Im Nambu University Municipal Aquatics Centre von Gwangju setzen der deutsche und der italienische Schwimmstar ihr persönliches WM-Duell fort. „Ich glaube, er ist durch das Freiwasserrennen ganz schön angefressen“, sagt Wellbrock über seine 1:0-Führung. Er erwartet den Olympiasieger mit reichlich Wut im Bauch: „Das gibt ihm ganz gut Energie fürs Beckenschwimmen.“

Der sechste Platz des Italieners im Zehn-Kilometer-Rennen nach einem taktischen Fehler und das verlorene Finish in der Staffel gegen Wellbrocks Teamkollegen Rob Muffels hätten Paltrinieri „genervt“, doch im Becken schätzt er seinen Rivalen sehr stark ein: „Ich habe ihn beim Einschwimmen beobachtet, das sieht schon alles gut aus. Der Junge ist in Form.“

Diese Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit, auch Paltrinieri (24) spricht in höchsten Tönen vom drei Jahre jüngeren Konkurrenten aus Deutschland, der ihm schon bei der EM 2018 über 1500 Meter eine bittere Niederlage zugefügt hatte. Wellbrock sei „ein großartiger Kerl“ und „ein super Wettkämpfer“, lobt der 1500-Meter-Weltmeister: „Ich möchte ihn jedes Mal besiegen. Also ist es gut, dass er da ist.“

Über den dreimaligen Olympiasieger Sun Yang, der ebenfalls über 800 Meter startet, verliert Wellbrock dagegen kaum Worte. Die Diskussion um den dopingvorbelasteten Chinesen, der nach seinem Goldrennen auf Paul Biedermanns Weltrekordstrecke 400 Meter Freistil vom australischen Rivalen Mack Horton, der den Gang aufs Podest verweigerte, hart abgestraft wurde, blendet Wellbrock aus. Dass Sun nach der WM wegen einer womöglich von einem Gefolgsmann mit dem Hammer zerstörten Probe eine nachträgliche Sperre droht, findet er zwar „sehr schade“, aber im Rennen „ist er für mich ein Wettkampfsportler wie jeder andere auch“.

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