Doping-Skandal Die Doping-Wächter entscheiden über Russlands Sport-Zukunft

Lausanne · Der Skandal-Nation drohen an diesem Montag in Lausanne die härtesten Strafen, doch es geht um weit mehr als „nur“ ein mögliches Olympia-Aus.

 Ein Bild mit Symbolkraft: Eine Flagge Russlands weht hinter einem Zaun – aufgenommen während der Eröffnungsfeier der Paralympics 2014.

Ein Bild mit Symbolkraft: Eine Flagge Russlands weht hinter einem Zaun – aufgenommen während der Eröffnungsfeier der Paralympics 2014.

Foto: dpa/Jan Woitas

Olympia-Aus, Vierjahressperre, internationale Ächtung: Knapp fünf Jahre nach dem Auffliegen des Dopingskandals droht Russland eine bisher nie dagewesene Strafe – und dem internationalen Sport ein Beben mit unvorhersehbaren Auswirkungen. Wenn die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) an diesem Montag in Lausanne über Sanktionen gegen die Sport-Großmacht entscheidet, geht es um mehr als „nur“ Russlands Teilnahme in Tokio.

„Das ist der Tag X für die Glaubwürdigkeit des Weltsports“, sagt Hajo Seppelt. Der Enthüllungsjournalist hatte mit der ARD-Dokumentation „Geheimsache Doping, wie Russland seine Sieger macht“ im Dezember 2014 den Stein ins Rollen gebracht. Fünf Jahre später steht das Thema noch immer ganz oben auf der Tagesordnung. Tokio 2020 sind bereits die dritten Olympischen Spiele, vor denen um die Teilnahme Russlands gestritten wird. „Aus unserer Sicht muss auf jeden Fall ein ganz klares Signal für den fairen Sport gesetzt werden“, sagt DOSB-Präsident Alfons Hörmann.

Im neuesten Kapitel des Skandals ist die Ausgangslage klar: Die Wada wirft Russland vor, Tausende Daten aus dem Moskauer Kontrolllabor gelöscht oder manipuliert zu haben. Daher soll die russische Anti-Doping-Agentur (Rusada) erneut ausgeschlossen werden. Die Vermutung: Das genaue Ausmaß des Skandals sollte vertuscht, individuelle Strafen gegen Sportler verhindert werden. Die Wada-Ermittler gehen von mindestens 145 Sportlern aus, die so geschützt wurden.

Die möglichen Sanktionen haben es zwar in sich, der Höchststrafe – einem kompletten Bann ohne Startmöglichkeit für russische Sportler – entgeht das Land aber. Zwar soll es unter anderem vier Jahre von bestimmten Großereignissen wie Olympia, Paralympics und Weltmeisterschaften ausgeschlossen werden und diese auch nicht ausrichten dürfen, russischen Sportlern wird aber nach Prüfung ein Start als „neutrale Athleten“ ermöglicht. Doch das geht vielen nicht weit genug. Unter anderem forderte die US-Anti-Doping-Agentur (Usada) einen Komplett-Bann.

In Russland formierte sich bereits Widerstand. Sollte die Sport-Großmacht verurteilt werden, wäre alles andere als ein Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS überraschend. Das Land hatte die Veränderung an den Daten mit „technischen Problemen“ erklärt – anschließend folgte die gewohnte Rhetorik, es handele sich um ein politisch motiviertes Verfahren.

Ungeachtet der Auseinandersetzung ist derzeit neben der Spannung vor allem eines groß: die Verwirrung. Für welche Events die Wada-Sanktionen zählen würden, scheint derzeit unklar. Die Verbände halten sich zurück, die Wada bestätigte lediglich, dass die Fußball-EM im kommenden Jahr nicht darunter fällt, weil sie ein „kontinentales Einzelsportereignis“ sei. Keine Gefahr also für das bereits qualifizierte russische Team und den Spielort St. Petersburg. „Ich hoffe, die Wada wird klarstellen, auf welche Events sich ihre Entscheidung bezieht und auf welche nicht. Aus welchen Gründen und aus welchen Gründen nicht“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach.

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