Turn-WM in Stuttgart Dauser sucht Trost bei Bier und Schokolade

Stuttgart · Turner der TG Saar verpasst Medaille am Schlusstag der Heim-WM in Stuttgart. Neuer Rekord durch Simone Biles.

 Die Medaillenhoffnungen sind zerplatzt: Lukas Dauser von der TG Saar verliert während seiner Übung am Barren die Balance und muss absteigen. Am Ende blieb ihm nur der achte Platz.

Die Medaillenhoffnungen sind zerplatzt: Lukas Dauser von der TG Saar verliert während seiner Übung am Barren die Balance und muss absteigen. Am Ende blieb ihm nur der achte Platz.

Foto: dpa/Tom Weller

Er bedankte sich artig beim Publikum und kämpfte gleichzeitig mit den Tränen: Eine Millisekunde der Unachtsamkeit hat Lukas Dauser zum Abschluss der Kunstturn-WM in Stuttgart die greifbar nahe Medaille am Barren gekostet. Statt umjubelt auf dem Siegerpodium zu stehen, schlich der Unterhachinger mit tief gebeugtem Rücken todtraurig aus der Halle.

„Das fühlt sich jetzt als ziemlich heftiger Schlag an“, sagte der deutsche Riegenkapitän, der in der Bundesliga für die TG Saar turnt, nach seinem Missgeschick. Beim Makuts verlor Dauser das Gleichgewicht und musste das Gerät vorzeitig verlassen. Die frustrierte Trotzreaktion: „Jetzt esse ich erstmal ein Stück Schokolade und trinke ein Bier.“ Vor und nach dem Patzer turnte der Wahl-Berliner auf Medaillenkurs, am Ende stand der bittere achte Platz. Dauser hatte in der Qualifikation den Bestwert geturnt.

Während der Sportsoldat nach seiner riesigen Enttäuschung von allen Seiten Trost und Zuspruch erfuhr, kassierten die WM-Organisatoren seitens des Turn-Weltverbandes FIG höchstes Lob. „Noch nie haben wir solch hervorragende Titelkämpfe gesehen“, sagte FIG-Präsident Morinari Watanabe voller Anerkennung. Insgesamt wurden in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle 102 000 Besucher gezählt. Eine vierte WM-Bewerbung nach 1989, 2007 und 2019 wird beim Deutschen Turner-Bund (DTB) bereits erwogen. Sie ist allerdings abhängig von einer neuen Austragungsstätte in der schwäbischen Metropole.

Noch überfordert war im Finale am Schwebebalken die Kölnerin Sarah Voss. Die 19-Jährige konnte zwar einen Sturz vom Gerät verhindern, leistete sich aber mehrere Wackler. Somit reichte es für die deutsche Mehrkampf-Meisterin nur zum siebten Platz unter acht Starterinnen. „Ich bin ja noch ein No-Name bei WM. Deshalb habe ich mich schon gefreut, nicht vom Balken gefallen zu sein. Die ganze WM ist für mich nur positiv gelaufen“, sagte die deutsche Mehrkampf-Meisterin nach dem Finale.

Dass ein erneuter Siegeszug von Simone Biles diese Welttitelkämpfe prägte, war keine Überraschung. Die US-Amerikanerin fügte ihren Titeln mit dem Team, im Mehrkampf und beim Sprung zwei weitere Goldmedaillen am Schwebebalken und am Boden hinzu. Lediglich am Stufenbarren war die Mehrkampf-Olympiasiegerin nicht vorne. Insgesamt stehen jetzt 19 WM-Titel auf ihrer Habenseite. Mit nunmehr 25 WM-Medaillen überbot die 22-Jährige die bisherige Bestmarke des Weißrussen Witali Scherbo, der zwischen 1991 und 1996 23 WM-Plaketten erturnt hatte.

Auch Elisabeth Seitz hatte die erhoffte Medaille für den WM-Gastgeber am Samstag nicht liefern können. Die letztjährige WM-Dritte ging am Stufenbarren diesmal leer aus und wurde nur Achte. Der Versuch, ihre Übung durch eine spezielle Verbindung noch schwieriger zu machen, endete mit einer unfreiwilligen Unterbrechung der Kür. „Aber diese Heim-WM war trotzdem cool. Da ist Enttäuschung fehl am Platz und wäre auch unfair gegenüber meiner Leistung“, sagte die Lokalmatadorin. Schließlich hatte die 25-Jährige die deutsche Frauenriege ungefährdet durch die Olympia-Qualifikation geführt und sich mit einem sechsten Platz im Mehrkampf selbst übertroffen.

Die Männerriege indes konnte nur mit Mühe und ein bisschen Glück die Olympia-Qualifikation unter Dach und Fach bringen, ein Scheitern wäre ein Novum in der deutschen Kunstturn-Geschichte gewesen. DTB-Sportdirektor Wolfgang Willam sprach sogar von einem „Erdrutsch“, den man gerade noch einmal vermeiden konnte. Traditionell findet im Olympiajahr bei den Kunstturnern keine WM statt. Die 50. Welttitelkämpfe werden 2021 in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen ausgetragen.

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