Skispringen Ein Tollpatsch mischt die Tournee auf

Bischofshofen · Der Norweger Lindvik feiert in Innsbruck seinen zweiten Einzelerfolg. Gemeinsam mit Karl Geiger jagt er den führenden Polen Kubacki.

 Der Norweger Marius Lindvik feierte am Samstag in Innsbruck bereits seinen zweiten Sieg in Serie bei der Vierschanzentournee.

Der Norweger Marius Lindvik feierte am Samstag in Innsbruck bereits seinen zweiten Sieg in Serie bei der Vierschanzentournee.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Dieser neue Skisprung-Wunderknabe scheint ein bemerkenswerter Kerl zu sein: Marius Lindvik, sagt Norwegens Nationaltrainer Alexander Stöckl über die wesentlichen Eigenschaften seines Superfliegers, sei „ein ziemlicher Tollpatsch“, der „eine gewisse Gleichgültigkeit“ besitzt. Und, ach ja: „Er schläft wirklich sehr viel.“ So tickt also einer, der bei der Vierschanzentournee gerade zwei Springen in Folge gewonnen hat und an diesem Montag in Bischofshofen den ganz großen Coup landen kann.

Natürlich steckt eine ganze Menge mehr in diesem 21-Jährigen, der gerade den Springer-Zirkus aufmischt. Lindvik ist die Entdeckung der laufenden Tournee, startete ohne Weltcup-Sieg und düpierte – kalt wie eine Hundeschnauze – am Neujahrstag in Garmisch wie am Samstag in Innsbruck die Weltelite.

„Ich habe einfach probiert, fokussiert zu bleiben und mein normales Zeug zu machen. Das funktioniert in der Regel“, sagt Lindvik. Und genauso wird er es auch beim finalen Springen in Bischofshofen (17.15 Uhr/ARD und Eurosport) halten, in den er als Zweitplatzierter mit umgerechnet fünf Metern Rückstand auf den Polen Dawid Kubacki geht.

Karl Geiger trennen 7,38 Meter vom goldenen Adler. „Ich werde alles riskieren“, sagt der Oberstdorfer und hofft weiter auf den ersten Gesamtsieg eines Deutschen seit 18 Jahren: „Es ist noch nicht vorbei. Es ist möglich, die Form stimmt.“

Allerdings gilt das auch für Kubacki und noch mehr für Lindvik. „Ich will einen harten Kampf liefern, die Chance ist da“, sagt der Hobby-DJ aus Norwegen, der in freien Stunden während der Tournee an neuen Songs bastelt: „Ich versuche aber, nicht allzu viel über diese Chance nachzudenken.“

Diese Einstellung, jene „gewisse Gleichgültigkeit“, so glaubt Trainer Stöckl, ist der Schlüssel zum Erfolg: „Marius’ Stärke ist, dass er die Dinge ausblendet, die nicht wichtig sind. Der ganze Druck im Stadion, die Medien, das Drumherum – das berührt ihn relativ wenig.“

Mit seiner Fähigkeit zur Fokussierung stellt sich Lindvik, der 2018 vor dem Deutschen Constantin Schmid Junioren-Weltmeister wurde und erst seit der laufenden Saison Stammkraft in Norwegens Weltcup-Team ist, blitzschnell auf neue Umgebungen ein. Auf der Innsbrucker Bergisel-Schanze war er nie zuvor im Wettkampf gesprungen, dominierte dennoch von der Qualifikation an. Und gleiches könnte ihm nun auch in Bischofshofen gelingen, wo er noch keinen einzigen Sprung absolviert hat. „Die Schanze hat einen flachen Anlauf und einen langen Schanzentisch. Und Marius ist ein Athlet, der gerne zu früh wegspringt, deshalb bin ich ein wenig nervös“, sagt Stöckl: „Aber ich denke, dass er das hinbekommt.“

Sollte Lindvik das hinbekommen und den ersten norwegischen Tourneesieg seit 13 Jahren – den ersten unter dem Österreicher Stöckl – eintüten, hätte er dem zuletzt gebeutelten Team ein unerwartetes Comeback beschert. „Das tut sehr gut“, sagt Stöckl: „Wir haben einige Höhen und Tiefen gehabt, mit Verletzungen und Materialproblemen. Jetzt sind wir durch harte Arbeit hierhin gekommen.“

Auch wenn es nun noch nicht klappen sollte, steht Lindvik eine große Zukunft bevor. Denn Schwächen hat der „manchmal etwas schüchterne Typ mit einigem Humor“ (Eigenbeschreibung) kaum. Gut: Der Teamkollege sei ein lausiger Volleyballspieler, verkündete Skiflug-Weltmeister Daniel Andre Tande in Innsbruck, „und er schläft wirklich sehr lang“. Lindvik verspricht: „Ich arbeite jeden Tag hart daran, besser zu werden.“ Im Volleyball freilich, nicht im Schlafen.

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