Wellenbad der Gefühle bei der WM Debakel für Wellbrock, Silber für Köhler

Gwangju · Schwimmpaar im Wellenbad der Gefühle: Der Favorit scheidet im Vorlauf aus. Dafür gewann seine Freundin Edelmetall.

 Der neue deutsche Schwimmstar Florian Wellbrock ist nach seinem Vorlauf-Aus über 800 Meter Freistil bei der WM in Gwangju fassungslos. Eigentlich wollte er um Gold mitschwimmen.

Der neue deutsche Schwimmstar Florian Wellbrock ist nach seinem Vorlauf-Aus über 800 Meter Freistil bei der WM in Gwangju fassungslos. Eigentlich wollte er um Gold mitschwimmen.

Foto: dpa/Bernd Thissen

 Nach ihrem Silberrennen blickte Sarah Köhler im Wasser freudestrahlend hoch auf die Tribüne, wo ihr Freund Florian Wellbrock nach dem Vorlauf-Schock sein Lächeln wiederfand. Die Freiwasser-Staffelweltmeisterin hatte in Abwesenheit der Ausnahmeschwimmerin Katie Ledecky über 1500 Meter Freistil in deutscher Rekordzeit von 15:48,83 Minuten auf Platz zwei angeschlagen – und brachte ihren frustrierten Partner auf andere Gedanken. Das Schwimmpaar ging am Dienstag bei der WM in Südkorea durch ein Wellenbad der Gefühle.

Nur die italienische Europameisterin Simona Quadarella war um acht Sekunden schneller gewesen. Nach der Startabsage der haushohen Favoritin Ledecky (USA) aus Krankheitsgründen habe „jeder mit der Goldmedaille geliebäugelt“, sagte die 25-jährige Köhler und gab zu: „Mit der Italienerin kann ich noch nicht mithalten.“ Köhler, die zuvor mit der deutschen Staffel im Freiwasser den WM-Titel geholt hatte, ist nach der niederländischen Olympiasiegerin Sharon van Rouwendaal (2015) die erste Schwimmerin, die bei Weltmeisterschaften drinnen und draußen Edelmetall gewinnen konnte.

Heimtrainer und Teamchef Bernd Berkhahn hatte schon vorher gewusst, dass Köhler das Drama um das Vorlauf-Aus ihres Freundes über 800 Meter und den gestiegenen Druck durch die Ledecky-Absage gut wegstecken würde. „So eine Situation stärkt sie eigentlich“, sagte Berkhahn: „Je mehr geschaut wird, umso besser ist sie eigentlich.“

Auf Wellbrock waren neun Stunden zuvor alle Augen gerichtet gewesen – und der 21-Jährige ging in seinem ersten Rennen im WM-Becken baden. Genau eine Woche nach seinem Goldcoup über zehn Kilometer im Freiwasser schied der Magdeburger im Vorlauf auf dem indiskutablen 17. Platz aus und tauchte danach für die wartenden Journalisten ab.

In einem vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) verschickten Statement äußerte Wellbrock, er könne sich die schwache Leistung „nicht erklären, eigentlich hatte ich mich ganz gut gefühlt“. Doch seine Zeit von 7:53,75 Minuten drückte etwas anderes aus: Wellbrock blieb zehn Sekunden über seinem deutschen Rekord und acht Sekunden hinter Vorlaufsieger Gregorio Paltrinieri (Italien) zurück.

Sein Schützling sei „ein bisschen verzweifelt“, mit Blick auf das 1500-Meter-Rennen an diesem Samstag müsse man ihn „wieder auf die Beine kriegen“, sagte Berkhahn. Der Trainer glaubt, dass die gestiegene Erwartungshaltung das Hauptproblem gewesen sei: „Da wurde gemutmaßt: Hier ist der Hoffnungsträger, und der rettet das deutsche Schwimmen. Damit muss ein junger Mann erst mal klarkommen. Das ist schon Druck.“

Den verspürt bei dieser Weltmeisterschaft auch der Chinese Sun Yang wegen seiner Dopingaffären. Im Finale auf Paul Biedermanns Weltrekordstrecke 200 Meter Freistil gewann der dreimalige Olympiasieger dank einer Disqualifikation des vor ihm am Zielblock angeschlagenen Litauers Danas Rapsys sein zweites Gold – und verlor dann die Nerven. Als der drittplatzierte Duncan Scott ihm wie zuvor schon der Australier Mack Horton bei der Siegerehrung den Handschlag verweigerte, brüllte Sun ihn auf dem Podest an. Auf das obligatorische Foto der Medaillengewinner wollte der Brite auch nicht. Laute Buhrufe vor allem von der Athletentribüne begleiteten die Zeremonie.

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