Tour de France Tour-Debütant Ciccone erlebt Radsport-Märchen

La Planche des Belles Filles · Belgier Teuns gewinnt die erste Bergetappe, Buchmann wird Achter. Unbekannter Italiener klettert ins Gelbe Trikot.

 Vielen Dank für die Blumen: Noch etwas schüchtern grüßt Giulio Ciccone vom Podium. Völlig überraschend entriss der junge und unbekannte Italiener dem Franzosen Julian Alaphilippe das Gelbe Trikot.

Vielen Dank für die Blumen: Noch etwas schüchtern grüßt Giulio Ciccone vom Podium. Völlig überraschend entriss der junge und unbekannte Italiener dem Franzosen Julian Alaphilippe das Gelbe Trikot.

Foto: AP/Christophe Ena

Emanuel Buchmann mischte am Donnerstag im brutalen Schlagabtausch der Top-Favoriten ganz vorne mit. Titelverteidiger Geraint Thomas zementierte seinen Führungsanspruch beim Team Ineos. Und ein Nobody namens Giulio Ciccone erlebte sein persönliches Radsport-Märchen: Beim ersten echten Härtetest der 106. Tour de France hat der 24-jährige Debütant Ciccone völlig überraschend Frankreichs Publikumsliebling Julian Alaphilippe das Gelbe Trikot entrissen.

„Es ist unglaublich. Ich bin das erste Mal dabei, jetzt trage ich das Gelbe Trikot“, sagte Ciccone, bevor er sich mit einem ungläubigen Grinsen das Gelbe Trikot in die richtige Form zupfte. Der Italiener vom Team Trek-Segafredo wurde beim Ausreißersieg des Belgiers Dylan Teuns (Bahrain-Merida) nach 160,5 Kilometern zwischen Mülhausen und der steilen Bergankunft in La Planche des Belles Filles mit elf Sekunden Rückstand Zweiter. Den Tagessieg verpasste Ciccone auf der ersten schwierigen Bergetappe zwar, dennoch schob er sich in der Gesamtwertung mit sechs Sekunden Vorsprung an Alaphilippe (Deceuninck-Quick Step) vorbei, der als Sechster ins Ziel kam.

Den stärksten Eindruck der großen Gelb-Favoriten hinterließ am bis zu 24 Prozent steilen Schlussanstieg der Brite Thomas. Der Waliser wurde Vierter und distanzierte seinen kolumbianischen Co-Kapitän Egan Bernal um neun Sekunden. Einen herben Rückschlag erlitt der Franzose Romain Bardet (AG2R/+2:53) auf Rang 27.

Einen bärenstarken Eindruck hinterließ dagegen die deutsche Klassement-Hoffnung Buchmann als starker Achter. „Es war keine Überraschung für mich, dass ich mithalten konnte. Ich habe mich gut gefühlt“, sagte Buchmann: „Die letzten 200 Meter waren besonders hart.“

„Diese Etappe ist mehr als ein Appetitanreger“, hatte Thomas mit Blick auf den Kampf um Gelb gesagt. Und Buchmann meinte vor dem Start: „Heute sieht man, wer was drauf hat.“ Sie sollten recht behalten. Die Entscheidung fiel wie erwartet am finalen Anstieg, der anders als in den Jahren 2012, 2014 und 2017 um etwas mehr als einen Kilometer verlängert und massiv erschwert worden.

Das Team Ineos, das unter dem Namen Sky in den Vorjahren verlässlich das Tempo in den Bergen diktiert hatte, agierte im finalen Anstieg lange zurückhaltend. Stattdessen überließ Ineos der Movistar-Mannschaft um den sehr aktiven Weltmeister Alejandro Valverde die Tempoarbeit. Buchmann hielt sich in der Spitze und orientierte sich unter anderem am Hinterrad von Bernal. Auf den letzten Metern, die über eine eigens angelegte Schotterpiste führten, legten die Favoriten jegliche Zurückhaltung ab. Alaphilippe kämpfte vergeblich um das Gelbe Trikot und wurde noch von Thomas abgehängt.

Unmittelbar nach dem Start war eine 14-köpfige Fahrergruppe davongezogen, darunter waren auch André Greipel (Rostock/Arkea-Samsic), Nils Politt (Köln/Katusha-Alpecin) und Nikias Arndt (Buchholz/Sunweb). Eine echte Chance auf den Etappensieg bestand bei der Plackerei durch die Vogesen nicht. Vor allem Greipel verschaffte sich durch die Flucht allerdings einen Puffer im Rennen gegen das Zeitlimit.

An der Rennsituation änderte sich lange nichts. Greipel verlor als erster des deutschen Trios rund 60 Kilometer vor dem Ziel den Anschluss an die Ausreißer, die nach und nach die Zusammenarbeit einstellten. Teuns und Ciccone blieben bis zuletzt zusammen – und durften beide aus verschiedenen Gründen feiern.

 Tour-Etappe_7

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Foto: SZ/Steffen, Michael
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Foto: SZ/Steffen, Michael

An diesem Freitag (ab 11.35 Uhr/One und Eurosport) gibt es die nächste Chance für die Sprinter um den dreimaligen Weltmeister Peter Sagan. Die siebte Etappe von Belfort nach Chalon-sur-Saône ist mit 230 Kilometern nicht nur die längste dieser Tour, sondern auch gut machbar für die endschnellen Radprofis. Nur in der ersten Rennhälfte sind drei leichtere Bergprüfungen zu bestehen. Neben Bora-hansgrohe-Profi Sagan kommen auch Elia Viviani und Michael Matthews für den Sieg in Frage. Nach dem Berg-Auftakt haben auch Ausreißergruppen bessere Chancen.

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