Bora-hansgrohe Längst mehr als nur ein Sagan-Team

Brüssel · Die deutsche Mannschaft von Bora-hansgrohe startet ambitioniert in die 106. Tour de France.

Für die Lacher ist selbstverständlich noch immer Peter Sagan zuständig. Der Slowake ist der größte Spaßvogel und Entertainer der Radsport-Welt, das sogenannte „Wheelie“, die Fahrt auf dem Hinterrad, sein Markenzeichen. Die Rolle des Alleinunterhalters auf der Strecke muss der dreimalige Weltmeister beim Team Bora-hansgrohe dagegen längst nicht mehr ausfüllen.

Die deutsche Mannschaft hat sich vom Image der reinen Sagan-Equipe emanzipiert – und greift bei der 106. Tour de France nach mehr als dem Grünen Trikot für „Peter den Großen“. Der deutsche Meister und Tour-Debütant Maximilian Schachmann träumt von einem Etappensieg, Emanuel Buchmann winkt die erste Top-Zehn-Platzierung eines deutschen Fahrers seit zehn Jahren. „Wir haben klar definierte Ziele“, sagte Teammanager Ralph Denk und beschwor den Mannschaftsgeist. Für Neid und interne Querelen soll bei Bora kein Platz sein: „Bei uns gibt es mehr ‚Wir-Gefühl‘ als woanders.“

Es hat sich viel verändert, seit Denk im Herbst 2009 seinen Radrennstall aus der Taufe hob. In einem schwierigen Umfeld nach der Doping-Hochphase träumte Denk von einem deutschen Team bei großen Rennen wie der Tour. Was damals scheinbar utopisch war, ist Wirklichkeit geworden. Denks Mannschaft startet zum sechsten Mal nacheinander bei der Frankreich-Rundfahrt und zählt längst zu den Großen in der World Tour, der Königsklasse des Radsports. „Ich stand oft mit dem Rücken zur Wand, habe aber nie aufgegeben“, sagte Denk.

Die Verpflichtung von Sagan zur Saison 2017 war ein Meilenstein für die Mannschaft aus dem oberbayerischen Raubling – ein kostspieliger zwar, doch eben auch ein lohnender. Sagan zahlte sein Millionengehalt und die persönlichen Freiheiten mit Aufmerksamkeit und Prestigesiegen wie beim Kopfstein-Klassiker Paris-Roubaix oder dem Gewinn des Grünen Tour-Trikots 2018 zurück. Auch in diesem Jahr, so der Plan, soll Sagan wieder in Paris das „Maillot vert“ überstreifen.

Sagan ist der Top-Star im Team. Jene, die zunehmend ins Rampenlicht fahren, sind schon länger dabei als der dreimalige Weltmeister. Bora setzte früh auf junge, hungrige und entwicklungsfähige Fahrer, vornehmlich aus dem deutschsprachigen Raum. Auch Pascal Ackermann, der zwar bei der Tour fehlt, zuletzt beim Giro d‘Italia aber die Sprintwertung gewann, zählt dazu. „Das Team hat tolle Arbeit gemacht, junge Talente langsam aufgebaut und kann jetzt die Lorbeeren ernten“, sagte Schachmann, der zur Saison 2019 eine neue Heimat bei Bora gefunden hat.

Einer, der gemeinsam mit seiner Mannschaft gewachsen ist, ist Buchmann. Der Kletterspezialist galt immer als Talent in den Bergen. Denk baute ihn behutsam auf, im Vorjahr schickte er ihn zur Vuelta statt zur Tour, um dort in die erhoffte Anführerrolle hineinzuwachsen. Die Geduld macht sich bezahlt. Der einst schüchterne Buchmann ist in seiner Persönlichkeit und als Fahrer gereift. „Er macht einen sehr guten Eindruck“, sagte Denk: „Emu ist anders, als man ihn kennt.“ Mit der großen Erwartungshaltung könne Buchmann umgehen. „Es stresst ihn nicht“, sagte Denk.

Bei der Tour 2019 ist für Buchmann eine Top-Zehn-Platzierung das Ziel. Langfristig soll es für ihn, Schachmann oder einen anderen Fahrer aus der Bora-Mannschaft noch höher hinausgehen. „Unsere Strukturen greifen immer besser, und wir sind noch nicht am Ende“, sagte Denk. Sein Traum? Der Gesamtsieg bei der Tour de France: „Das sollten wir angehen, man braucht schließlich Ziele. Speziell aus deutscher Sicht ist das die Königsdisziplin. Gelb hat eine wahnsinnige Strahlkraft.“

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