Leichtathletik Semenya verliert – und schweigt

Lausanne · Sportgerichtshof Cas entscheidet: Umstrittene Testosteron-Regel in der Leichtathletik gilt ab 8. Mai.

 Die Südafrikanerin Caster Semenya schweigt zu dem Urteil.

Die Südafrikanerin Caster Semenya schweigt zu dem Urteil.

Foto: AP/Anja Niedringhaus

In den Stadien glänzt die Weltklasseläuferin Caster Semenya mit Seriensiegen und Medaillen, vor Gericht erlitt sie jetzt eine bittere Niederlage. In einem wegweisenden Urteil lehnte der Internationale Sportgerichtshof im Streit um Testosteron-Grenzwerte für Frauen den Einspruch der 28 Jahre alten Südafrikanerin ab. Damit ist eine Regel des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF rechtens, mit der Testosteron-Limits für Mittelstreckenläuferinnen mit intersexuellen Anlagen festgesetzt werden. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Urteil des Sportgerichtshofes Cas hervor.

„Manchmal ist die beste Reaktion, gar nicht zu reagieren“, erklärte Semenya, die innerhalb von 30 Tagen Einspruch beim Schweizer Bundesgericht einlegen kann. Seit 2009 steht die zweimalige Olympiasiegerin und dreimalige Weltmeisterin über 800 Meter im Mittelpunkt einer Debatte über Hyperandrogenismus, Intersexualität und vermeintliche Wettbewerbsvorteile.

Läuferinnen, die künftig bei internationalen Wettkämpfen über Distanzen von 400 Metern bis zu einer Meile (1609 Meter) starten wollen, müssen ihren Testosteronwert „innerhalb einer durchgehenden Periode“ von mindestens sechs Monaten auf unter fünf Nanomol pro Liter senken. Dies ist auch durch die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel möglich. Die Testosteron-Regel des Leichtathletik-Weltverbandes wird nun am 8. Mai in Kraft treten. Der Cas wies in seiner Entscheidung aber bereits darauf hin, dass die praktische Umsetzung im Einzelfall juristische Probleme heraufbeschwören könnte.

Das dreiköpfige Cas-Gericht in Lausanne lehnte dennoch die Einsprüche Semenyas und des südafrikanischen Leichtathletik-Verbandes ASA ab. Die IAAF-Regel sei zwar diskriminierend, aber die drei Richter befanden sie mehrheitlich auf Grundlage der von allen Parteien eingereichten Unterlagen auch „als notwendiges, vernünftiges und angemessenes Mittel“. So könne das Ziel des Weltverbandes erreicht werden, die Integrität weiblicher Athleten in den fraglichen Wettbewerben aufrechtzuerhalten.

Der Deutsche Olympische Sportbund sieht darin einen Hinweis darauf, wie schwierig die Entscheidung gewesen sei. „Da das aktuelle Urteil des Cas explizit nur für wenige Lauf-Disziplinen in der Leichtathletik gilt, sind für die Zukunft wohl weitere Verfahren zu erwarten“, teilte der DOSB am Mittwoch mit.

Dem Gericht gehörten eine Frau und zwei Männer an: die Australierin Annabelle Bennett, der Kanadier Hugh L. Fraser und der Schweizer Hans Nater. Der Großteil der 165-seitigen Urteilsbegründung ist noch vertraulich; eine ausführliche Zusammenfassung will der Cas in Kürze veröffentlichen.

In einer Stellungnahme der IAAF am Mittwoch hieß es, das Gericht habe das legitime Ziel bestätigt, die Integrität weiblicher Leichtathletik zu erhalten. Das Internationale Olympische Komitee teilte mit, es arbeite mit Hilfe von Experten an spezifischen Richtlinien für internationale Verbände. Sie sollen helfen, Diskriminierung zu verhindern und Fairness in derartigen Fällen zu gewährleisten. IAAF-Athletensprecher Thomas Röhler sieht die Entscheidung „aus zwei Perspektiven: Fairplay und Ethik schneiden sich in dem Fall sehr eng“, sagte der Speerwurf-Olympiasieger: „Die Entscheidung sichert die Integrität und Identität des Wettbewerbs der Frauen.“ Die Regel müsse jetzt durchgesetzt und für die Zuschauer verständlich erklärt werden.

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