Leichtathletik-WM in Doha Klosterhalfens größter und schwierigster Tag

Doha · Die deutsche Mittelstrecklerin liefert ein begeisterndes Rennen über 5000 Meter, gewinnt WM-Bronze – und muss unangenehme Fragen beantworten.

 Ausgelassen bejubelte Konstanze Klosterhalfen auf ihrer Ehrenrunde ihren dritten Platz über 5000 Meter bei der WM in Doha.

Ausgelassen bejubelte Konstanze Klosterhalfen auf ihrer Ehrenrunde ihren dritten Platz über 5000 Meter bei der WM in Doha.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Sogar die Deutschland-Fahne, die Konstanze Klosterhalfen nach dem Rennen um sich hüllte, hatte ein paar Blutflecken. Fragen über Fragen prasselten auf die zierliche Läuferin nach ihrem dritten Platz im 5000-Meter-Finale nieder. Die Wunde am Knie und die Kratzer von den Spikes der Konkurrentinnen beachtete sie nicht, sondern schaute mit ihren großen Augen in Kameras und Mikrofone. „Ich weiß noch gar nicht, wie ich mich fühlen soll“, sagte die 22-Jährige am Samstag bei der Leichtathletik-WM.

Am Ende einer Woche, wo sie im Zusammenhang mit der Doping-Sperre für Alberto Salazar, dem Startrainer des Nike Oregon Projects, in den Schlagzeilen stand, lieferte Klosterhalfen ein großartiges Rennen. Die spätere Goldmedaillengewinnerin Hellen Obiri direkt vor ihr, deren kenianische Teamkolleginnen Margaret Chelimo Kipkemboi und Lilian Kasait Rengeruk im Rücken – so kämpfte sich die Leverkusenerin durch die letzten Runden. „Ein paar Tritte“ bekam sie dabei ab, daher die Schrammen. Erst auf der Zielgeraden musste „Koko“ Obriri und Kipkemboi ziehen lassen, ehe sie nach 14:28,43 Minuten ins Ziel kam. Es war die erste Medaille einer Deutschen überhaupt auf dieser Strecke bei einer WM oder Olympischen Spielen.

„Das Schwierigste war, ruhig zu bleiben“, sagte Klosterhalfen später. Mit der schwarz-rot-goldenen Fahne hüpfte sie freudig über die Bahn im Khalifa-Stadion und rannte zu den Zuschauerrängen, wo ihre Eltern standen – und Oliver Mintzlaff: Der Sportvorstand des Fußball-Bundesligisten RB Leipzig und frühere Leichtathlet gilt als der starke Mann im Beraterteam. Gute Beratung wird Klosterhalfen in den nächsten Monaten brauchen: Will sie, dass der Salazar-Skandal immer an ihren Erfolgen klebt? Will sie wirklich einem Projekt angehören, von dem Travis Tygart, der Chef der US-Anti-Doping-Agentur (Usada), sagte: „Die Athleten waren Versuchstiere.“

Natürlich bezogen sich die Ermittlungen der Usada auf die Zeit zwischen 2010 und 2014, lange bevor sich Klosterhalfen im Herbst 2018 nach Portland aufmachte. Darauf verwies die WM-Dritte auch am Samstag wieder. „Ich weiß, dass es keine Athleten aus unserer Truppe betrifft, und mein Trainer heißt Pete Julian. Deshalb freue ich mich schon wieder darauf, zurück nach Amerika zu gehen.“ Julian war allerdings Salazars Assistent.

Sifan Hassan, die ebenfalls in der Nike-Elitetruppe trainiert, reagierte mit einem Gefühlsausbruch. Nach ihrem Triumph über 1500 Meter in der Europarekordzeit von 3:51,95 Minuten – zuvor hatte die Niederländerin bereits Gold über 10 000 Meter gewonnen – gab sie ein tränenreiches Interview. „Ich bin sauber und werde immer sauber sein“, sagte sie. Auch Klosterhalfen betonte, „dass wir alle sauberen Sport machen“. Ob sie all die Fragen wegen Salazar nachvollziehen könne – schließlich studiert sie ja Sportjournalismus? „Ich hoffe, dass ich mich ein bisschen mehr auf die positiven Nachrichten konzentrieren kann“, sagte Klosterhalfen.

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