Nach Olympia-Verschiebung Japans Geldsorgen wachsen beträchtlich

Tokio · Der Olympia-Gastgeber muss durch die Verschiebung mehr als fünf Milliarden Euro aufbringen. Das IOC soll bei den Kosten helfen.

 Das Athletendorf in Tokio wird in diesem Sommer leer bleiben. Ob es auch 2021 vollumfänglich genutzt werden kann, ist fraglich.

Das Athletendorf in Tokio wird in diesem Sommer leer bleiben. Ob es auch 2021 vollumfänglich genutzt werden kann, ist fraglich.

Foto: dpa/.

Der Name wird Programm: Nach der Verlegung der Olympischen Spiele von Tokio ruhen alle Hoffnungen auf der neuen Task Force des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) mit dem passenden Namen „Here we go“ (zu deutsch: Auf geht’s). Zeitpunkt, Kosten, Qualifikation – das Einsatzkommando soll die wichtigsten der gewaltigen Probleme lösen, die durch die Verschiebung des Welt-Sportfestes wegen der Coronakrise entstanden sind.

„Ich denke, die wichtigste Frage bleibt, wann die Spiele ausgetragen werden. Dazu erhoffe ich mir Klärung“, sagt Thomas Weikert. Der Präsident des Internationalen Tischtennis-Verbandes (ITTF), der für einen Termin „im April 2021 oder früher“ plädiert, nahm am Donnerstag an der ersten Sitzung der Task Force mit den Vertretern der internationalen Sportverbände teil.

Darüber hinaus erwartet Weikert Aufschlüsse zu den Finanzen und den künftigen Wettkämpfe für die Qualifikation, die neu angesetzt werden müssen. „Es sind insgesamt sicherlich gewaltige Aufgaben“, räumt Weikert ein: „Doch ich vertraue dem IOC. Die Olympischen Spiele waren bislang immer sehr gut organisiert.“ Viele Mosaiksteine sind es also, oder, wie Sprecher Craig Spence vom Internationalen Paralympischen Komitee sagt: „Wir müssen das schwierigste Puzzle der Welt unter höherem Zeitdruck noch mal von vorne beginnen.“

Für Japan geht es in den ersten Gesprächen vor allem auch um die enormen Kosten, welche die historisch erste Verlegung in der Geschichte der Olympischen Spiele mit sich bringen. „Wir gehen davon aus, dass die zusätzlichen Kosten sehr hoch sein werden“, sagt Geschäftsführer Toshiro Muto vom Organisationskomitee, ohne genaue Zahlen zu nennen.

Nach einer Rechnung der japanischen Tageszeitung Nikkei sollen unter anderem für die Miete von Wettkampfstätten, Umbuchungen von Hotels und Kosten für Personal und Sicherheitskräfte zunächst zusätzlich bis zu 2,7 Milliarden Dollar aufgewendet werden müssen. Experten schätzen die Mehrkosten durch die Verlegung insgesamt auf mehr als fünf Milliarden Euro, insgesamt soll Japan schon mehr als 20 Milliarden Euro in sein Prestigeprojekt gepumpt haben.

Wenig verwunderlich ist, dass Tokios Gouverneurin Yuriko Koike angesichts der wachsenden Skepsis in der eigenen Bevölkerung das IOC um eine Beteiligung an den Kosten bitten will. Dies berichtet die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Zudem deutet alles darauf hin, dass das Gastgeberland nicht für den Fall einer Pandemie versichert gewesen ist. Es liege „die Vermutung nahe, dass man aus Gründen der Vernunft freiwillig verschoben hat“, sagt der renommierte Spezialanwalt Mark Wilhelm aus Düsseldorf. Sollte dies zutreffen, „ist auch kein Versicherungsschutz gegeben“. Durch die Einstufung der Corona-Krise als Pandemie werden bei der Absage von Veranstaltungen aller Voraussicht nach ohnehin keine Versicherungen einspringen, sagt Wilhelm: „Das kann man versichern, das hat nur keiner gemacht, weil niemand daran gedacht hat, dass so etwas jemals passieren könnte.“

Experten sehen auch auf Sponsoren und Marketing-Abteilungen in Japan enorme Probleme zukommen. Werbekampagnen mit prominenten Sportlern umzusteuern, sei etwa „eine Riesenherausforderung“, sagt Marketing-Experte Dennis Trautwein, der für die weltweit tätige Beratungsagentur Octagon ein Büro in Tokio aufbaute. Die Sponsoren stünden vor der Frage: „Wie können sie dieses Aufmerksamkeits-Fenster verlängern und zusätzliche Gelder freimachen – und das in einer Situation, in der viele Unternehmen unter Umständen nicht mehr die eingeplanten Gelder zur Verfügung haben.“

Trotz aller Finanzprobleme gab sich Yoshiro Mori, 82 Jahre alter Präsident des Organisationskomitees, kämpferisch. „Wir haben keine Wahl, aber die Hoffnung“, sagt der frühere Premierminister und macht seinen Landsleuten durch sein persönliches Schicksal Mut: „Ich habe den Krebs besiegt. Ich bin hier und darf weiterleben.“

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