Schwimm-WM in Südkorea Von Medaillen wird erst mal nicht geredet

Gwangju · Nach Frusterlebnissen, Olympia-Nullnummern und turbulenten Zeiten setzen die deutschen Schwimmer auf den nächsten Neuanfang.

 Auf den Schultern von Florian Wellbrock ruhen die größten deutschen Hoffnungen für die Schwimm-WM in Südkorea.

Auf den Schultern von Florian Wellbrock ruhen die größten deutschen Hoffnungen für die Schwimm-WM in Südkorea.

Foto: dpa/Ronny Hartmann

Ein Jahr vor Olympia in Tokio stecken die krisengeplagten deutschen Schwimmer bei den Weltmeisterschaften mitten im Neuaufbau. Nach turbulenten Verbandstagen mit dem Rücktritt der Präsidentin und des Chefbundestrainers will das umformierte Team um Europameister Florian Wellbrock als Hoffnungsträger von diesem Freitag an in Südkorea das nächste WM-Frusterlebnis vermeiden. Medaillenziele verkündet der Deutsche Schwimm-Verband auf dem Weg zu den Sommerspielen in einem Jahr keine. Ein Aufbruchssignal sollen die bis 28. Juli dauernden Titelkämpfe in Gwangju aber auch ohne Aussichten auf viel Edelmetall werden.

Bei der WM mit rund 2600 Athleten aus 194 Ländern bringen sich besonders die großen Schwimm-Nationen wie die USA, Australien oder China schon in Stellung für das Mega-Sportereignis in einem Jahr in Japan. Im Wasserspringen, Freiwasser und bei den Staffeln heizt der Kampf um Olympia-Tickets die Konkurrenz weiter an. „Die Athleten sollten die WM in Südkorea als Grundstein für eine erfolgreiche Olympiaqualifikation verlassen“, formulierte es Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen zurückhaltend. Die aus deutscher Sicht erfreulichen Europameisterschaft in Glasgow 2018, als es alleine acht Beckenmedaillen gab, sollen kein Maßstab sein.

Zehn Jahre nach der goldenen WM von Rom, als vor allem Britta Steffen, Paul Biedermann im Becken und Thomas Lurz im Freiwasser für Erfolge sorgten, sind deren Nachfolger in der öffentlichen Wahrnehmung abgetaucht. Live sind die Titelkämpfe in Deutschland praktisch nicht im Fernsehen zu verfolgen. Ohne Erfolge, keine Quote – und allzu viele Podestplätze wird es auch in den Tagen von Gwangju nicht geben. „Es gibt schon einige, die eine Medaillenchance haben. Ich drücke da die Daumen, aber es sind halt zwei, drei Namen, die da wirklich eine Chance haben“, sagte Doppel-Olympiasiegerin Steffen. Aber Erfolge seien schwierig.

Wellbrock zählt über die langen Strecken in den Becken-Wettbewerben und im Freiwasser zu den Medaillenanwärtern. Seine Freundin Sarah Köhler will im Becken an die guten EM-Auftritte anknüpfen. Dahinter wollen allen voran Routiniers wie der 2015er Weltmeister Marco Koch oder die WM-Zweite von Budapest, Franziska Hentke, einen guten Eindruck hinterlassen. Deutschlands bester Wasserspringer Patrick Hausding zählt sich nach einer schwierigen Vorbereitung mit Verletzungen nicht zum Kreis der Top-Favoriten. Synchronschwimmerinnen und Wasserballer möchten sich beim Kampf um die Olympia-Tickets, die im kommenden Jahr vergeben werden, positionieren.

Die Wasserspringer und Freiwasser-Asse sind gleich am ersten Wochenende gefordert, die Männer starten über fünf und die Frauen über zehn Kilometer. „Unsere Hauptdistanz sind die zehn Kilometer, denn neben den WM-Medaillen geht es auch um die Olympia-Qualifikation“, sagte Freiwasser-Bundestrainer Stefan Lurz. Die Frauen schwimmen ihr Rennen über die olympische Distanz an diesem Sonntag, die Männer um Wellbrock am Dienstag. Andreas Waschburger aus Saarbrücken startet am kommenden Freitag über 25 Kilometer.

Für die öffentliche Bewertung sind vor allem die Becken-Ergebnisse in der zweiten WM-Hälfte ausschlaggebend. Nach dem Rücktritt von Chefbundestrainer Henning Lambertz im Dezember führen zwei Trainer die Becken-Mannschaft: Bernd Berkhahn als Teamchef und der ehemalige saarländische Landestrainer Hannes Vitense als Teamcoach. Medaillenziele nennt auch Berkhahn keine. Bis zu den Olympischen Spielen 2024 will der DSV wieder eine schlagkräftigere Truppe haben. Das Ziel, schon 2020 wieder in der Spitze mitmischen zu können, ist schon lange verworfen worden. „Wir wollen mit Blick auf Olympia das Optimum herausholen“, sagte Kurschilgen, der seit September im Amt ist.

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