Formel-1-Pilot setzt neue Maßstäbe Hamilton ist noch lange nicht fertig

Austin · Der Brite ist nach Platz zwei in Texas zum sechsten Mal Formel-1-Weltmeister. Jetzt fehlt nur noch ein Titel zu Schumacher.

Irgendwann wirkte es, als wäre die britische Flagge ein Körperteil von Lewis Hamilton geworden, so oft und ausdauernd spannte der nun sechsmalige Formel-1-Weltmeister den „Union Jack“ um seine Schultern. Sein vorzeitiger Titelgewinn war keine Überraschung. Doch die Frage, wann der Rekordjäger sich auch noch die wichtigste Bestmarke von Michael Schumacher schnappt, stellte sich in Austin/Texas drängender denn je.

„Michael zu erreichen, war nie ein Ziel von mir. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals auch nur in seine Nähe kommen würde“, sagte der Mercedes-Star nach seinem eisern erkämpften zweiten Platz am späten Sonntagabend europäischer Zeit beim Großen Preis der USA: „Obwohl seine Rekorde so nah scheinen, sind sie sehr weit weg. Es braucht nochmals eine unglaubliche Leistung.“

Doch wer Hamilton kennt, der seit mehr als zwei Jahren schon der erfolgreichste Pilot in der Qualifikation der Formel-1-Historie ist, der weiß zu gut, dass Schumachers Marke von sieben Weltmeisterschaften schon 2020 ebenso in Gefahr ist wie der Rekord von 91 Siegen. Hamilton steht bei 83 Grand-Prix-Erfolgen, seit 2014 kamen im Schnitt zehn pro Saison dazu.

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff verneigte sich entsprechend tief vor dem 34-Jährigen. „Es ist sehr schwer, die Marke von sieben Titeln zu erreichen“, sagte der Österreicher, „aber ich sehe keinen Grund, warum es nicht mit dem siebten Titel klappen sollte, wenn wir ihm das richtige Auto hinstellen.“ Talent treffe bei Hamilton auf „das permanente Streben nach Selbstverbesserung“. Das mache diesen „zum herausragenden Fahrer seiner Generation“, befand Wolff.

Auch die Konkurrenz erkannte Hamiltons abermalige Überlegenheit in diesem Jahr neidlos an. „Lewis war auf einem unglaublichen Level. Ich habe das nicht in jedem Rennen geschafft“, erklärte sein Teamkollege Valtteri Bottas, der trotz seines Sieges in Austin vor den letzten beiden Saisonrennen keine rechnerische Chance mehr auf die WM hat.

Auch Sebastian Vettel (32), 2017 und 2018 von Hamilton im Titelkampf geschlagen, würdigte den zwei Jahre älteren und nun um zwei Meisterschaften überlegenen Briten. „Wer sechs Mal Weltmeister wird, der verdient das, ganz klar. Wir konnten ihm in diesem Jahr leider keinen Wettbewerb um die Meisterschaft bieten“, erklärte der Hesse, der nach einem Aufhängungsschaden an seinem Ferrari einer der ersten Gratulanten Hamiltons war.

Wer aber kann Mercedes und seinen Topstar im nächsten Jahr gefährden und den Schumacher-Rekord vielleicht noch verteidigen? „Wir waren nicht sehr wettbewerbsfähig in den letzten Rennen“, warnte Wolff. Zwar gewannen seine Fahrer die vergangenen vier Rennen, doch tatsächlich rückten Ferrari und Red Bull dem Team-Weltmeister der vergangenen sechs Jahre immer mehr auf die Pelle. Die Silberpfeile sind nur noch Nuancen voraus.

Ferrari allerdings schwächelte in Texas massiv. Ob der Grund ein schwieriges Wochenende mit einem Motortausch bei Charles Leclerc und einem verkorksten Rennen bei Vettel war oder aber eine technische Direktive des Weltverbandes Fia zum Benzindurchfluss, darüber gingen die Meinungen im Fahrerlager auseinander.

 Lewis Hamilton zeigt mit seinen Fingern sechs Titel an. Mit Valtteri Bottas (rechts) bildete er diese Saison ein bärenstarkes Duo.

Lewis Hamilton zeigt mit seinen Fingern sechs Titel an. Mit Valtteri Bottas (rechts) bildete er diese Saison ein bärenstarkes Duo.

Foto: dpa/Chuck Burton

2021 kommen neue Regeln, die das Feld durcheinanderwirbeln könnten. Vielleicht bedeutet dieser Einschnitt das Ende der Mercedes-Regentschaft. Hamilton ließ diese Frage an seinem großen Tag kalt, mit 34 Jahren ist der einstige Heißsporn auf dem Zenit seiner Leistungsfähigkeit. „Ich war konstant im Qualifying, aber ich hatte nicht mehr die großen Glanzlichter wie in den vergangenen Jahren. Trotzdem glaube ich, dass es meine beste Saison war“, sagte Hamilton und ließ einen Satz folgen, der in den Ohren seiner Kontrahenten wie eine Drohung klingen muss: „Ich arbeite noch an einem Meisterstück, ich bin noch nicht fertig.“

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