Großer Preis von Italien Trauriger Statist bei der großen Ferrari-Party

Monza · Der Große Preis von Italien dürfte der Anfang vom Ende von Sebastian Vettels Ära bei der Scuderia gewesen sein. Die Zukunft bei den Roten gehört eindeutig Monza-Sieger Charles Leclerc.

 Sebastian Vettels Blick ließ bereits am Freitag nach dem Training nichts Gutes erahnen. Im Rennen wurde es dann richtig bitter.

Sebastian Vettels Blick ließ bereits am Freitag nach dem Training nichts Gutes erahnen. Im Rennen wurde es dann richtig bitter.

Foto: AP/Luca Bruno

Auf der Strecke hatte Sebastian Vettel sich bereits selbst demontiert, den Rest übernahmen dann Italiens Gazetten. Nach seinem desaströsem Ferrari-Heimspiel und Platz 13 in Monza hagelte es für den viermaligen Formel-1-Weltmeister nur noch beiläufigen Spott – die Zeitungen sangen stattdessen Loblieder auf den neuen Liebling. Das Ende der Ära Vettel in Maranello ist eingeläutet. Die Ära Charles Leclerc hat begonnen.

Der siegreiche Ferrari-Neuling habe „in knapp sechs Monaten alles erobert: Die Scuderia, die Liebe der Fans und wahrscheinlich die ganze Zukunft Ferraris. Sein Triumph gleicht einer Krönung“, schrieb die Gazzetta dello Sport. Der Corriere dello Sport bezeichnete Leclerc als „Phänomen“ und sah „ein Rennen zum Vergessen für Vettel, der immer tiefer in seine Krise versinkt“. Auch La Stampa zeichnete diesen Gegensatz und attestierte Vettel eine „verheerende Leistung“.

Das Bild, das sich am Montag im italienischen Blätterwald darstellte, war am Vorabend im Königlichen Park von Monza ähnlich zu beobachten gewesen. Vettel, der über Jahre die Hoffnungen der Roten trug, sie ohne WM-Titel aber nie erfüllte, wurde bei den Feierlichkeiten zum traurigen Statisten degradiert. Der neue starke Mann bei der Scuderia ist nach dem ersten Heimsieg seit 2010 der schmächtige Leclerc.

„Ich bin nicht glücklich darüber, wie der Tag gelaufen ist“, sagte Vettel nach Rennende und rang sich ein gequältes Lächeln ab: „Für das Team war er natürlich gut.“ Der 32-Jährige wirkte nachdenklich, ehe er Monza in der verregneten Dämmerung verließ.

Ins Abseits hat sich Vettel selbst manövriert. Ein Leichtsinnsfehler wie in Runde sieben, als ihm das Heck ausbrach, er sich erst drehte und bei der Rückkehr auf die Strecke auch noch Lance Stroll im Racing Point abräumte, darf einem Fahrer seines Kalibers nicht passieren. „Das Rennen war danach verloren“, sagte Vettel. Sein Problem ist: Es passiert immer wieder. Seit dem Deutschland-Grand-Prix im Vorjahr hat er in sieben weiteren Rennen Punkte und Erfolge für das Team durch Patzer weggeworfen.

Vettels doppeltes Malheur vor den Augen der Tifosi und auf einer Strecke, die den Stärken seines Boliden entgegenkommt, war der vorläufige Tiefpunkt dieser Entwicklung. Die Wende zum Positiven ist Vettel kaum noch zuzutrauen, zu groß ist der Schaden von Monza, zu groß ist nun der Rückhalt für Leclerc.

Und damit steht auch Vettels Zukunft infrage. Er hat noch einen Vertrag für die kommende Saison, doch die Zweifel daran, dass er diesen erfüllt, werden mit jedem Rückschlag lauter. Eine Saison als Wasserträger zum Ausstand bei Ferrari, das passt nicht zu Vettels großer Karriere und zu seinem Selbstverständnis. Zudem wäre der Hesse eine ziemlich teure Nummer zwei. Teamchef Mattia Binotto versicherte in Monza aber, dass auch in Zukunft der schnellere Fahrer den Vorzug erhalte. Konkurrent Leclerc mühte sich sogar, Vettel starkzureden. „Er ist ein herausragender Fahrer. Ich habe viel von Sebastian gelernt, er besitzt viel Erfahrung, arbeitet sehr methodisch und ist detailbesessen“, sagte er. Von Vettels Routine wird Leclerc wohl auch in Zukunft profitieren wollen. Seinen Status bei Ferrari wird er aber wohl nicht mehr hergeben – nicht nach diesem Wochenende.

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