Fußball Der Bomber mit der Kartoffel rockt die U21-EM

Udine · Fünf Tore in drei Spielen: Luca Waldschmidt ist der Top-Torjäger des Turniers. Jetzt soll er das DFB-Team ins Finale schießen.

 Der deutsche Stürmer Luca Waldschmidt (links, hier mit Mahmoud Dahoud und Nadiem Amiri) ist bei der U21-EM in aller Munde.

Der deutsche Stürmer Luca Waldschmidt (links, hier mit Mahmoud Dahoud und Nadiem Amiri) ist bei der U21-EM in aller Munde.

Foto: dpa/Cezaro De Luca

Andrea Pirlo, Raul, Klaas-Jan Huntelaar – und bald auch Luca Waldschmidt? Die Liste der Torschützenkönige bei U21-Europameisterschaften ist lang und kunterbunt. Und vielleicht schon bald um einen Namen reicher, den vor der Endrunde in Italien und San Marino kaum jemand auf dem Zettel hatte. Doch Luca Waldschmidt, Veganer, Vespa-Fahrer und Lockenkopf vom SC Freiburg, steht plötzlich sogar bei Topclubs auf dem Zettel.

Fünf Tore hat Waldschmidt bereits erzielt, in jedem der drei Gruppenspiele traf er, bei der 6:1-Gala gegen Serbien sogar dreifach. „Il Bomber della Germania“ nannte ihn daraufhin die Gazzetta dello Sport und brachte den 23-Jährigen gleich mal mit Lazio Rom in Verbindung. Was Waldschmidt, auf den Bericht angesprochen, verwunderte: „Davon höre ich gerade das erste Mal.“

Viele Fans außerhalb von Deutschland dürften dagegen den Namen Waldschmidt das erste Mal gehört haben. Das ändert sich langsam: Der französische Sportkanal beinSports feierte nach dem Spiel gegen Österreich (1:1) auf Deutsch die „Kartoffel“ des Angreifers. Gemeint war das Traumtor aus 25 Metern in den Winkel – in Frankreich beschreibt das Wort „patate“ einen Weitschuss, der im Tor einschlägt.

Jener Treffer steht symbolisch für die aktuelle Form Waldschmidts, mit der er das DFB-Team an diesem Donnerstag gegen Rumänien (18 Uhr/ZDF) ins Finale schießen soll. Derzeit gelingt ihm (fast) alles. Manchmal sogar ungeplant. „Ich habe gerade keinen gesehen, der frei war, und gedacht: Ich habe noch nicht aufs Tor geschossen, also zieh ich mal ab“, sagte Waldschmidt über seine „Kartoffel“, die es zum schönsten Tor des Turniers bringen könnte.

Apropos Gemüse: Waldschmidt überrascht auch außerhalb des Platzes – als Veganer, Vespa-Fahrer und Genussmensch. Club- und Zimmerkollege Robin Koch weiß das zu schätzen. „Luca will keinen belehren, Veganer zu werden. Ich habe Respekt davor, dass er das so durchzieht“, sagte er. Überhaupt sei der Torjäger ein ganz bodenständig Typ. „Bei ihm wusste ich von Anfang an: Der ist ganz normal geblieben. Mit ihm kann man über alles reden“, sagte Koch voll des Lobes.

Und Waldschmidt? Der Bomber genießt die verrückten Wochen in Italien einfach und wartet ab, was noch so kommt. „Ich bin froh, dass es so gut läuft im Moment. So will ich weitermachen. Das nächste Ziel ist das Finale“, sagte Waldschmidt, der schon als Kind nicht zu weit im Voraus denken wollte. Sein Credo: „Ich habe immer Fußball gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat – und habe nie daran gedacht, dass ich Profi werden könnte.“

Nun kann er sogar den Tor-Rekord einer U21-EM brechen, seit 2009 wird die Bestmarke vom Schweden Marcus Berg gehalten. Seine sieben Tore eröffneten vor zehn Jahren ein wahres Wettrennen um ihn, das der Hamburger SV gewann. Die große Karriere blieb Berg allerdings verwehrt, inzwischen spielt er in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Liste der EM-Torschützenkönige ist eben lang und kunterbunt – aber kein Indiz für eine Weltkarriere. Zumindest nicht bei allen.

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