Nach Sieg gegen Spanien Elf Gründe für die Stärke der DFB-Frauen bei der Fußball-EM (mit Bildergalerie)

Deutschland ist nun neben Gastgeber England und Frankreich der heißeste Titelkandidat bei der Fußball-EM. Vor dem Turnier galten die DFB-Frauen als Wundertüte, jetzt überzeugen sie auf ganzer Linie.

Drei Jahre nach dem Viertelfinal-Aus bei der Weltmeisterschaft in Frankreich melden sich die deutschen Fußballerinnen mit zwei starken Auftritten auf der internationalen Bühne zurück. Nach dem 4:0 zum Auftakt gegen Dänemark glänzt das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg auch beim 2:0 gegen Spanien. Elf Gründe für die bisher gezeigte Stärke:

  1. Voss-Tecklenburg (54) hatte im Prinzip drei Jahre Zeit, ein Team zu formen, da durch das Scheitern bei der WM gegen Schweden auch die Olympia-Teilnahme verpasst wurde. In der EM- und WM-Qualifikation sowie in Testspielen war der Lerneffekt offenbar doch größer als erwartet.
  2. Die Bundestrainerin hatte gleich drei Trainingslager vor der EM - ein sogenanntes Pre Camp in Frankfurt/Main und zwei in Herzogenaurach. Dabei wurden Abläufe einstudiert und der Zusammenhalt gefestigt.
  3. Ein gleichmäßig besetzter 23er-Kader: Zwar fehlen bei der EM die Mittelfeldspielerinnen Dzsenifer Marozsan von Olympique Lyon (Kreuzbandriss) und Melanie Leupolz vom FC Chelsea (Schwangerschaft), außerdem fiel gegen Spanien Torjägerin Lea Schüller nach einem positiven Corona-Test aus. Doch alle konnten bisher gut ersetzt werden.
  4. Zwei Blöcke mit acht Spielerinnen vom deutschen Meister und Pokalsieger VfL Wolfsburg sowie sieben vom FC Bayern München: Gerade diese EM-Teilnehmerinnen machten durch die Champions-League-Spiele in der vergangenen Saison - oft auch vor großer Kulisse - teilweise große Schritte in ihrer Entwicklung.
  5. Abwehrstärke: Die Viererkette mit Giulia Gwinn, Kathrin Hendrich, Maria Hegering und Felicitas Rauch hat vor der EM kaum so zusammen gespielt. Das Quartett überzeugt aber durch die Bank - und wird durch viel Defensivarbeit ihrer Mitspielerinen weiter vorne unterstützt.
  6. Torhüterin Merle Frohms: Voss-Tecklenburg setzt weiter auf die sprungstarke 27-Jährige - obwohl die Führungskraft Almuth Schult nach der Geburt ihrer Zwillinge zurück ist. Zur neuen Saison ersetzt die bisherige Frankfurterin Frohms ihre DFB-Rivalin Schult (Angel City FC/USA) in Wolfsburg.
  7. Professionelles Umfeld: Die DFB-Frauen sind bei ihren Lehrgängen mittlerweile praktisch genauso gut aufgestellt wie die Männer. Die oft eingeforderten gleichen Trainingsbedingungen („Equal Play“) sind inzwischen gegeben.
  8. Auswahl im Sturm: Nach dem Ausfall von Schüller trafen Popp und Klara Bühl, dazu durfte Tabea Waßmuth erstmals bei diesem Turnier ran. Die Wolfsburgerin war mit zehn Treffern erfolgreichste Torschützin der Champions-League-Saison nach Weltfußballerin Alexia Putellas vom FC Barcelona (elf). Jule Brand steht ohnehin als Edeljoker immer bereit. Noch nicht zum Einsatz kamen die Frankfurterinnen Laura Freigang und Nicole Anyomi, die ebenfalls als hoch veranlagt gelten.
  9. Die Bundestrainerin: Ihre taktischen Pläne und Personalentscheidungen gingen bei diesem Turnier bisher perfekt auf. Vergessen ist die überraschende Niederlage in der WM-Qualifikation in Serbien. Das Team strahlt innere Überzeugung, körperliche Fitness und das Gefühl aus, als wisse es, was auf dem Platz zu tun ist.
  10. Teamgeist: Der Begriff ist ziemlich abgedroschen, aber ein Satz von Ersatzspielerin Freigang spricht Bände: „Ich nehme meine Rolle als Unterstützerin sehr, sehr ernst.“
  11. Eigenverantwortung der Spielerinnen: Der Prozess der Findung war oft schmerzhaft, wie die TV-Dokumentation „Born for this“ über die Mannschaft zeigt. Kapitänin Popp und Co. entscheiden mit und begehren auch schon mal auf, wenn ihrer Meinung nach zu wenig trainiert wird oder etwas anderes falsch läuft. Wie der Tag nach dem Spanien-Spiel aussieht? „Ich werde das mit der Mannschaft besprechen“, sagte Voss-Tecklenburg - nicht vorgeben.
(dpa)
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