WM 2022 nicht mit 48 Mannschaften Idee der Mega-WM scheitert an der Weltpolitik

Zürich · Niederlage für Fifa-Boss Infantino: 2022 wird in Katar nicht mit 48, sondern letztmals mit 32 Teams gespielt.

 Die katarischen Fans in ihren traditionellen weißen Gewändern werden bei der Fußball-WM im Winter 2022 in ihren neugebauten Stadien ein Turnier mit wie ursprünglich geplant 32 und nicht mit 48 Teams sehen.

Die katarischen Fans in ihren traditionellen weißen Gewändern werden bei der Fußball-WM im Winter 2022 in ihren neugebauten Stadien ein Turnier mit wie ursprünglich geplant 32 und nicht mit 48 Teams sehen.

Foto: dpa/Sharil Babu

Im Moment der unerwarteten Niederlage blieb Gianni Infantino stumm. Nachdem die von ihm anvisierte Aufstockung der Winter-WM 2022 in Katar überraschend vorzeitig geplatzt war, gab es dazu keine Stellungnahme vom Fifa-Präsidenten. Stattdessen veröffentlichte der Fußball-Weltverband nur eine knappe Mitteilung: Die vorgezogene Mega-WM ist vom Tisch, eines von Infantinos Lieblingsprojekten schon vor dem Fifa-Kongress am 5. Juni in Paris begraben.

Es ist ein mittlerweile ungewohntes Gefühl für den mächtigen Schweizer. Infantino liebt es, wenn ein Plan funktioniert – und das tat er zuletzt häufig. Mit der Ausweitung des Teilnehmerfeldes von 32 auf 48 Teams für die WM 2026 löste er im Vorjahr ein Wahlversprechen an die vielen kleineren Verbände ein. Dazu boxte er Anfang März die Reform der Club-WM durch, und auch seine Wiederwahl im Juni ist angesichts eines fehlenden Gegenkandidaten nur noch Formsache.

Doch das offizielle Ende der Pläne für Katar ist für Infantino nun eine persönliche Niederlage. Schließlich hatte er das Vorhaben zur Chefsache gemacht. „Warum nicht?“, fragte er zu Beginn seiner Werbetour im Oktober rhetorisch. Im Dezember sah er dann eine „Mehrheit“ für seine Pläne, sprach im Januar davon, „Ideen und Träume“ zu haben, zeigte sich im Februar noch immer „optimistisch“ und präsentierte im März stolz die positiven Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie.

Letztlich aber stolperte ausgerechnet der gewiefte Machtpolitiker über die Weltpolitik. Die Suche nach dem zwingend notwendigen Co-Gastgeber gestaltete sich aufgrund der komplexen politischen Verhältnisse in der Golfregion zu schwierig. Eine Staatengruppe unter Führung Saudi-Arabiens boykottiert Katar seit 2017 politisch und wirtschaftlich. Lediglich Kuwait und der Oman waren als Mit-Ausrichter denkbar, wobei letzterer bereits abgewunken hatte.

„Nach einem gründlichen und umfassenden Konsultationsprozess unter Einbeziehung aller relevanten Interessengruppen wurde der Schluss gezogen, dass unter den derzeitigen Umständen ein solcher Vorschlag nicht umgesetzt werden kann“, hieß es deshalb leicht verklausuliert in der Fifa-Mitteilung. Es werde kein Vorschlag für den Fifa-Kongress am 5. Juni eingereicht.

Die Schlappe für Infantino hatte sich angedeutet. Viele Experten hatten ihn wiederholt davor gewarnt, die Situation in der Krise am Persischen Golf zu unterschätzen. Auch WM-Gastgeber Katar schlug zuletzt deutlich vorsichtigere Töne an und betonte, dass die Entscheidung nicht zum Alleingang der Fifa werden könne. Das muss nun auch der Fifa-Boss spüren, der ohnehin zuletzt an mehreren Fronten zu kämpfen hatte. Wegen der „Amigo-Affäre“ um Geschenke an einen Jugendfreund, den Schweizer Staatsanwalt Rinaldo Arnold, sowie vermeintliche Geheimtreffen mit dem im Fifa-Korruptionsskandal ermittelnden Bundesanwalt Michael Lauber geriet Infantino unter Druck. Auch für die neue Club-WM und sein Vorhaben einer globalen Nations League für Nationalteams gibt es Gegenwind. Beim Kongress in Paris muss er sich in zwei Wochen wohl auch unangenehme Fragen gefallen lassen.

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