Frauenfußball Die Kritik am DFB wird lauter

Frankfurt · Deutscher Frauenfußball hat nach Ansicht vieler Experten großen Nachholbedarf.

Der Ton wird rauer. Die Zeit des Bedauerns über das vorzeitige WM-Aus ist vorbei, nach Abschluss der Endrunde wird der deutsche Frauenfußball in die Mangel genommen. Fehlende Investitionen, verschlafene Entwicklungen, kaum Professionalisierung – so lauten die Vorwürfe in Richtung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Die Liste der Kritiker ist lang. Die Uefa, Bundesliga-Bosse und Ex-Nationalspielerinnen stellen dem Verband ein schlechtes Zeugnis aus. Auch die Vereine kommen nicht gut weg. „In Deutschland gibt es zu wenige Investitionen, vor allem die professionellen Männerclubs sollten sich Gedanken machen“, sagte Uefa-Frauenchefin Nadine Keßler, früher beim 1. FC Saarbrücken: „Und der DFB muss vorgeben, welche Entwicklung Deutschland als ganzes Konstrukt gehen will.“

Die Uefa, die sieben von acht WM-Viertelfinalisten stellte, zeigt den Weg. Ab 2020 wird jeder nationale Verband 150 000 Euro pro Jahr für die Entwicklung des Frauenfußballs erhalten, bisher waren es 100 000 Euro. Auch in China wird geklotzt. Der Online-Gigant Alibaba steckt in den kommenden zehn Jahren 130 Millionen Euro in den heimischen Frauenfußball.

Ralf Kellermann wertet das als eindeutige Signale. Nach Meinung des Sportchefs von Double-Gewinner VfL Wolfsburg sind der „DFB und die Liga gefordert“, um die Lücke zur Weltspitze zu schließen. „Ohne Investitionen und weitreichende Konzepte – damit meine ich unter anderem die Trainerausbildung in den Ligen sowie im Nachwuchsbereich, strengere Zulassungskriterien für die Liga und deren konsequente Umsetzung, TV-Präsenz und Marketing – sowie eine klare Positionierung der zukünftigen DFB-Spitze zum Frauenfußball wird diese Lücke auch nicht geschlossen werden können“, schrieb Kellermann im kicker. Sein Vorwurf an den DFB ist heftig: „In den vergangenen Jahren hat man sich zu sehr auf den Erfolgen ausgeruht und den Prozess, der sich schon länger angedeutet hat, nicht wirklich ernst genommen.“

Für Siegfried Dietrich, Manager des siebenmaligen Meisters 1. FFC Frankfurt, sind vor allem die Männer-Bundesligisten gefordert. Mit Blick auf den nationalen und internationalen Wettbewerb seien die Voraussetzungen und Strukturen bei den Männervereinen „für den Spitzen-Vereinsfrauenfußball der Zukunft das Maß aller Dinge“, sagte der Bundesliga-Sprecher, dessen Club zukünftig unter dem Dach von Eintracht Frankfurt zu Hause sein wird.

Die bloße Aufnahme der Frauen bei den großen Männervereinen sieht Nia Künzer allerdings kritisch. „Das allein reicht nicht“, sagt die Weltmeisterin von 2003: „Es müssen auch die Ernsthaftigkeit und der wahre Wille da sein, den Frauenfußball voranzutreiben – nicht nur bei den Vereinen, auch beim DFB.“

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