Deutscher Fußball-Bund wird 120 Jahre alt Beim DFB geht es längst um mehr als Sport

Frankfurt · Der Deutsche Fußball-Bund wird 120 Jahre alt. Der größte Einzelsportverband der Welt macht sich in komplexen Bereichen fit für die Zukunft.

 Klimaschutz, gesellschaftliche Aufgaben und mehr: Der neue DFB-Präsident Fritz Keller hat viele Punkte auf seiner Agenda stehen.

Klimaschutz, gesellschaftliche Aufgaben und mehr: Der neue DFB-Präsident Fritz Keller hat viele Punkte auf seiner Agenda stehen.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

 Bekenntnis zum Klimaschutz, Bewältigung komplexer Gesellschaftsaufgaben, Arbeit an großen Zukunftsprojekten – der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist an seinem 120. Geburtstag schwer beschäftigt. An all diese Anforderungen abseits der sportlichen Belange hat bei der Gründung des Verbandes am 28. Januar 1900, also an diesem Dienstag vor genau 120 Jahren, in der Leipziger Gaststätte „Zum Mariengarten“ noch niemand gedacht. Der Staat bezeichnete sich damals als Reich, an seiner Spitze stand der Kaiser – und das erste reguläre Fußballspiel auf deutschem Boden fand gerade einmal 25 Jahre zuvor statt.

Die Welt war eine völlig andere, als Vertreter von 86 Vereinen in der Büttnerstraße 10 den DFB mit 62:22 Stimmen aus der Taufe hoben. Das zeigt allein die Tatsache, dass Ferdinand Hueppe vom DFC Prag zum ersten Präsidenten gewählt wurde.

Fritz Keller, der seit vier Monaten als 13. Chef des weltweit größten Einzelsportverbands fungiert, hat andere Probleme als Hueppe zu bewältigen. Darüber berichtete Keller an diesem Dienstag in Leipzig bei der feierlichen Gesprächsrunde unter dem Motto „120 Jahre DFB – Von der Gründung zur Moderne“.

Für die EM in diesem Sommer hat Keller hohe Ziele. „Ich glaube, wir müssen mindestens ins Halbfinale, vielleicht ins Finale kommen. Man muss sich hohe Ziele setzen“, sagte der DFB-Präsident. Zudem stellte er kleineren Stadien in Ost-Deutschland die Austragung eines Länderspiels in Aussicht. In den vergangenen Jahren waren aufgrund der Arena-Größen das Berliner Olympiastadion und die Leipziger Arena berücksichtigt worden. „Ich bin mir sicher, dass wir gegen kleinere Nationen auch mal in kleinere Stadien gehen“, sagte Keller. Zuletzt hatte der DFB Probleme, bei Länderspielen die Stadien zu füllen. Der Verband hat sich nun mehr Fan-Nähe verordnet und zuletzt in kleineren Stadien in Wolfsburg oder Mainz gespielt. In den neuen Bundesländern kämen Stadien in Dresden, Rostock und Magdeburg infrage.

Außerdem wünscht sich Keller, „dass wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern“. Der 62-Jährige sprach dabei vor allem von „Haftungsproblemen“ bei der Bekleidung von Ehrenämtern und rechtlichen Hindernissen im Vereinsalltag. „Es kann nicht sein, dass in Städten um 21 Uhr aufgehört werden muss zu trainieren, weil irgendeiner seine Ruhe will. Kein Mensch geht mehr um 21 Uhr ins Bett“, sagte Keller, der sich ebenfalls für „ein paar Rentenpunkte“ für fünf bis zehn Jahre Ehrenamt einsetzte: „Es geht um die Anerkennung.“

Wichtig ist dem Präsidenten auch die Erinnerung an den 75. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz. Der deutsche Fußball richtet daher zum 16. Mal den „Erinnerungstag“ mit zahlreichen Aktionen aus. Keller erinnerte zum Holocaust-Gedenken mit eindringlichen Worten an die Verantwortung des Fußballs. „Dieses unfassbare Grauen, dieses beispiellose Leid, das den Menschen angetan wurde, schmerzt umso mehr, weil der Fußball, der heute für Verständigung und Vielfalt einsteht und gegen Rassismus und Diskriminierung, sich damals nicht widersetzt hat“, sagte Keller. „Im Gegenteil: Er hat sich mitschuldig gemacht.“

Daraus leitete Keller die besondere Pflicht ab, „dafür zu sorgen, dass diese Verbrechen niemals in Vergessenheit geraten. Gerade heute, da sich nicht mehr jeder in Deutschland daran erinnern will“. Keller erinnerte daran, dass der frühere DFB-Präsident Felix Linnemann, der den Verband von 1942 bis 1945 leitete, aktiv an der Deportation von Sinti und Roma nach Auschwitz beteiligt gewesen ist.

Um die demokratischen Werte zu verteidigen, möchte Keller ein Leitbild für den Verband entwickeln. Gleichberechtigung, Integration, Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung stehen dabei im Fokus.

Ebenfalls im Mittelpunkt steht die Umwelt. Als 100. Sportorganisation weltweit ist der DFB vergangene Woche der Klimaschutzinitiative der Vereinten Nationen beigetreten. Mit dem Beitritt macht es sich der Verband unter anderem zur Aufgabe, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und den Verbrauch etwa von Wasser und Papier nachhaltig zu reduzieren. Bereits jetzt wird darauf beispielsweise bei der Planung und beim Bau der neuen DFB-Akademie in Frankfurt viel Wert gelegt. Dazu spielt der Umweltschutz laut Verband auch beim Konzept für die Ausrichtung der EM 2024 eine zentrale Rolle. „Fußball kann man nur in einer intakten Natur spielen“, sagte Keller.

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