Fußball Kellers emotionaler Abschied

Freiburg · Für eine gute Viertelstunde ist der SC Freiburg Spitzenreiter der Bundesliga. Der Clubchef geht zufrieden zum DFB.

Die Verantwortung, die Fritz Keller nach seiner Wahl als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes vom kommenden Wochenende an haben wird, treibt seinem Freiburger Trainer Christian Streich den Schweiß auf die Stirn. „Ich wünsche ihm, dass er keine Angst hat vor dieser Riesen-Aufgabe“, sagte der 54-Jährige nach dem letzten Bundesliga-Spiel von Keller als SC-Boss beim 1:1 gegen den FC Augsburg: „Wenn ich mir vorstellen würde: DFB-Präsident, sieben Millionen Mitglieder. Ich würde sofort in den Keller runterrennen.“ Die Breisgauer bescherten ihrem scheidenden Clubchef Keller sogar die Tabellenführung – für 16 Minuten.

Beim DFB-Bundestag am kommenden Freitag in Frankfurt ist der Winzer und Gastronom Keller einziger Präsidentschafts-Kandidat, seine Wahl beim krisengebeutelten größten Sportfachverband der Welt gilt als sicher. Sein Amt beim SC Freiburg wird er aufgeben. Nach dem Abpfiff am Samstag im Schwarzwald-Stadion hatte Keller jedem Betreuer auf der Bank die Hand gegeben und anschließend noch einmal etwas wehmütig mit Händen in den Hüften ins Stadionrund geschaut.

„Es tut schon weh. Bei 25 Jahren hier muss man aufpassen“, sagte der 62-Jährige später – und rang um Fassung. Zuviel Wehmut wollte der Funktionär dann aber doch nicht verbreiten. „Ich werde nicht tiefer gelegt, sondern komme weiter als Gast hierher“, erklärte er. Mit der „Abgangs-Tabelle“ seines SC Freiburg sei er „eigentlich ganz zufrieden“. Mit zehn Punkten seien 25 Prozent der erhofften 40 Zähler, die den Klassenverbleib sichern sollen, bereits gesammelt.

„Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!“, skandierten die Freiburger Fans nach dem Führungstreffer durch Lucas Höler in der 23. Minute. Der Ex-Freiburger Florian Niederlechner ließ mit seinem Treffer zum 1:1 diese Rufe aber wieder verstummen. Obwohl Nicolas Höfler und Nils Petersen in der Schlussphase nur den Pfosten des Augsburger Gehäuses trafen und damit den Sieg verpassten, durften sich die Freiburger über den besten Saisonstart ihrer Bundesliga-Geschichte freuen und mischen weiter in der Spitzengruppe mit. „Wir bleiben demütig. Es war nur ein Punkt mehr auf dem Weg zur angestrebten 40-Punkte-Marke“, sagte Stürmer Nils Petersen.

Die Freiburger sind zum Abgang ihres Präsidenten bestens aufgestellt, nächstes Jahr steht auch der Umzug ins neue Stadion an. Keller richtet sich auf einen „24/7-Job“ beim DFB ein. „Ich habe Respekt vor der Aufgabe und dem, was vor mir steht. Ich kann nicht mehr machen als alles geben“, sagte er. Der Funktionär hat schon mal seinen Wohnwagen verkauft, Urlaub ist erst mal nicht angesagt: „Irgendwann werde ich wandern gehen oder das eine oder andere Konzert besuchen.“

Streich wollte bei der Pressekonferenz nicht noch einmal groß von Keller erzählen. „Der Fritz isch auf d’ Welt komma und war mit dem Fußball konfrontiert“, sagte er in seinem typischen Dialekt. Aber die Geschichte gehe zu lang – „die Augsburger müssen ja auch heim“. Er wünsche sich, so der Kulttrainer, dass Keller auch in Zukunft öfter beim SC sei - und dass man „ein Glas Wi“ (Hochdeutsch: Wein) trinke und was esse. Die Profis des SC Freiburg fanden es – im Nachhinein und darauf angesprochen – etwas schade, dass sie ihrem Clubchef keinen Sieg zum Abschied schenken konnten. „Ich glaube allerdings nicht, dass das bei uns im Kopf war“, sagte Mittelfeldspieler Janik Haberer.

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