Weg frei für Geisterspiele? Debatte um Saison-Neustart spaltet den Fußball

Frankfurt · Die Politik sendet positive Signale, die Kritiker verstummen dennoch nicht: Die DFL muss am Donnerstag ihr Konzept vorlegen.

Kurz vor dem Abbiegen auf die Zielgerade wird der Profifußball vom Druck der Kurve erfasst. Im Vorfeld der entscheidenden Corona-Krisensitzung an diesem Donnerstag hat die einflussreiche Fan-Organisation „Unsere Kurve“ die Unterstützung des anvisierten Saison-Neustarts an Bedingungen geknüpft und Profitgier sowie Misswirtschaft angeprangert. Dieser Vorstoß torpediert die Bemühungen der Deutschen Fußball Liga (DFL), die derzeit mit allen Mitteln eine Stimmung „Pro Geisterspiele“ erzeugen möchte.

„Vereine und Verbände sind herausgefordert, jetzt verbindliche Schritte zur Gesundung des Profifußballs einzuleiten und zu gehen“, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme der als gemäßigt geltenden Fan-Gruppierung: „Anders ist eine Akzeptanz für Maßnahmen zur Beendigung der laufenden Saison aus unserer Sicht nicht zu erreichen. Dies setzt voraus, dass der Profifußball anerkennt, dass er nicht erst seit der Corona-Krise krank ist.“

Schon zuvor hatte sich der Zusammenschluss „Fanszenen Deutschlands“ mit ähnlichen Formulierungen gegen den für Mai geplanten Wiederbeginn der Spielzeit inmitten der Pandemie ausgesprochen. Der Gegenwind kommt zur Unzeit. Schließlich hoffen die Chefs der 36 Proficlubs bei ihrer virtuellen Sitzung am Donnerstag auf den Befreiungsschlag in vielerlei Hinsicht.

Wenn es nach den Wünschen der Vereine geht, wird DFL-Boss Christian Seifert als Erstes vom Eingang der letzten Rate der Mediengelder in Höhe von rund 300 Millionen Euro berichten – was die angeblich drohende Insolvenz für 13 Clubs abwenden würde. Noch ist der Fluss der Gelder von Sky, DAZN, Sport1, ARD und ZDF nicht bestätigt.

Der zweite wichtige Punkt wird die Vorlage eines schlüssigen Konzepts für den Neustart sein, wie es von der Politik gefordert wird. Entscheidend ist dabei, dass durch die Ausführung der Spiele keine Gefahren einer Ansteckung bestehen und dass es keinen negativen Effekt für die Allgemeinheit geben wird.

Der Profifußball benötigt etwa 20 000 Corona-Tests für die ausstehenden Partien. Die DFL geht von einer deutschlandweiten Testkapazität von mindestens 550 000 pro Woche aus. Die Argumentation ist klar: Angesichts einer Kapazität von mehreren Millionen über mehrere Wochen hinweg sind 20 000 Tests für die restlichen neun Spieltage in diesem Zeitraum vertretbar.

In der Debatte um einen Neustart kämpft der Profifußball um die Deutungshoheit. Dabei schicken die Clubs alles an Prominenz nach vorne, was sie zu bieten haben. Schon kurz nach den positiven Signalen von einigen Ministerpräsidenten am Montag waren die wohlwollenden Reaktionen von Seifert, Karl-Heinz Rummenigge (Bayern München), Hans-Joachim Watzke (Borussia Dortmund), Oliver Mintzlaff (RB Leipzig) und Fredi Bobic (Eintracht Frankfurt) im Umlauf. Es scheint so, als ob vor allem die Wucht der Namen in Verbindung mit den prominenten Fürsprechern aus der Politik den Weg für Geisterspiele ebnen soll – und das noch vor der nächsten Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Länderchefs am 30. April.

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