Fußball in der Corona-Krise Das Augsburger Modell steht bundesweit im Fokus

Augsburg · Die 18 Fußball-Bundesligisten versuchen in der Corona-Krise alles, um zur Normalität zurückzukehren. Am weitesten ist dabei der FC Augsburg.

 Heiko Herrlich ist erst seit 10. März Cheftrainer des Fußball-Bundesligisten FC Augsburg.

Heiko Herrlich ist erst seit 10. März Cheftrainer des Fußball-Bundesligisten FC Augsburg.

Foto: dpa/Stefan Puchner

Wenn Heiko Herrlich über das aktuelle Training beim FC Augsburg spricht, klingt das nur bedingt nach Fußball. Zweikämpfe seien „tabu“, sagt der Trainer der Schwaben, und das gelte angesichts der Ansteckungsgefahr in der Corona-Krise für jegliche Spielformen. Und doch ist Herrlichs FCA derzeit der Bundesligist, der am nächsten dran ist an der einstigen Normalität.

Seit vergangenem Montag rollt in Augsburg wieder der Ball, der 14. der eingefrorenen Bundesliga-Tabelle trainiert in Kleingruppen mit bis zu acht Profis auf dem Platz – das gibt es so nirgendwo sonst. „Jeder Fußballer möchte den Ball am Fuß und den Rasen spüren“, sagt Herrlich. Außerdem solle seine Mannschaft auf die Wiederaufnahme der Saison, wann immer diese komme, „bestmöglich vorbereitet sein“. Wenn man „von 100 auf Null fährt“, wie aktuell viele in der Krise, sei das für einen Leistungssportler „eine Katastrophe“. Deswegen: wenigstens ein bisschen Beschäftigung.

Der FC Augsburg legt größten Wert darauf, dass das Training „unter Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen“ ablaufe, wie Herrlich betont. Die Spieler nutzen mehrere Plätze, außerdem stehen ihnen in der WWK-Arena mehrere Kabinen zur Verfügung, die danach gereinigt und desinfiziert werden. Bei den Einheiten wird taktisch, aber auch athletisch gearbeitet, „meistens mit Ball, mit Abschluss, da kommt man sich nicht zu nah“, sagt Herrlich.

Distanz wird auch beim Essen in der Fankneipe gewahrt. Die Spieler sitzen an Einzeltischen, können laut Herrlich „aber trotzdem über vier, fünf Meter kommunizieren. Das ist wichtig für die Jungs, dass man im Gespräch bleibt, seine Sorgen und Ängste teilt, die wir alle haben“.

Die anderen Clubs beobachten genau, was in Augsburg passiert. In Wolfsburg hofft der VfL mittels einer Ausnahmeregelung in Niedersachsen auf ein ähnliches Modell ab nächster Woche. In Bremen sollen Kleinstgruppen laut Werder-Trainer Florian Kohfeldt im Stadion „auch mit Ball“ üben. In Dortmund tun das aktuell schon maximal drei Profis der Borussia mit einem Trainer auf dem Platz – auf freiwilliger Basis.

Doch sind private Treffen von mehr als zwei Personen nicht bundesweit untersagt? Der Schlüssel liegt im Zusatz „privat“. „Unsere Trainingsplätze sind ja keine städtischen Freizeit-Anlagen, sondern Betriebsstätten“, heißt es vom FCA. Wolfsburgs Sportgeschäftsführer Jörg Schmadtke betont: „Wir sind keine Freizeit-Veranstaltung, wir gehen unserem Job nach.“

Vorstands-Chef Thomas Röttgermann von Fortuna Düsseldorf, deren Profis aktuell individuell trainieren, fordert von der Politik eine allgemeingültige Regelung. „Sonst haben wir einen Flickenteppich von 18 verschiedenen Lösungen bei 18 verschiedenen Vereinen“, sagt er. Röttgermann will keine Sonderstellung für den Fußball, aber gleiche Regeln für alle. „Fußballer, die trainieren, sind keine Freizeitgruppe, die über einen Boulevard spaziert“, sagt der Düsseldorfer: „Ich sehe in Supermärkten durchaus auch mehr als zwei Mitarbeiter. Da muss man sehen, dass man den Profifußball richtig einordnet.“

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