Profis im Home Office Cyber-Training und Klopapier-Challenge

München · Die Coronakrise ist für Clubs und Profis eine echte Herausforderung – und sorgt schon jetzt im „Home Office“ für skurrile Trainings-Maßnahmen.

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Foto: SZ

Robert Lewandows­ki hat bei Liegestützen Töchterchen Klara auf dem Rücken, Thomas Müller trainiert im Garten mit seinem Hund, wenn er nicht gerade für seine Fans kocht oder den Hasenstall sauber macht – und einige Nationalspieler wie Jérôme Boateng oder Leroy Sané jonglieren lässig mit einer Klopapierrolle. „Wenn Leroy zehn Kontakte schafft, fress ich einen Besen und poste es in meiner Story“, schrieb Thilo Kehrer in den Sozialen Medien zu der sich verbreitenden „Challenge“.

Was lustig klingt, hat einen ernsten Hintergrund: Die Corona-Pandemie wirkt sich auch massiv auf den Trainingsalltag der Stars aus und führt zu teils skurrilen und kreativen Maßnahmen. Das Ziel im „Home Office“ ist aber bei allen dasselbe: Sie wollen sich bis zur Fortsetzung der Saison, wann immer das auch sein wird, irgendwie fit halten.

Von den Clubs gab es für die Spieler für die Zeit zu Hause genaue Trainingspläne und Videos – den Bayern-Profis wurden sogar Fahrrad-Ergometer in die eigenen vier Wände geliefert. Die aktuell schwierige Zeit erfordere eben „in vielerlei Hinsicht besondere Maßnahmen“, teilte der Rekordmeister mit.

Am Mittwoch etwa absolvierte der Bundesliga-Spitzenreiter per Videoschalte unter Anleitung von Trainer Hansi Flick sein erstes „Cyber-Training“ inklusive Stabilisations-Übungen und einer Runde Spinning. Für Flick ist dabei neben dem Fitnessaspekt wichtig, „dass wir täglich in Kontakt stehen“.

Flick will seine Spieler sehen. Und alles wird dabei genau erfasst. In München und auch anderswo. „Die Spieler haben alle Uhren mitbekommen, auf denen die Läufe einprogrammiert sind. Das Monitoring-Programm läuft ganz normal weiter“, erklärte Werder Bremens Trainer Florian Kohfeldt. Er spricht von „vollen Trainingstagen“ für seine Spieler: „Was wegfällt, ist das taktische Arbeiten auf dem Platz.“

Grundsätzlich wolle man bei Werder „die Zeit nutzen“, sagte Kohfeldt, „um individuell konditionelle Reize setzen zu können“. Oliver Schmidtlein, früherer Fitnesscoach beim FC Bayern, sieht jedoch „für so hoch trainierte Athleten wie Fußball-Profis keinen Reiz, der sie jetzt weiterbringt. Es ist mehr ein Formerhaltungs-Training“, sagte er.

Deshalb startet etwa RB Leipzig an diesem Freitag wieder in eine Art Mannschaftstraining, um Defizite möglichst gering zu halten, der FC Augsburg will ab Montag wieder in Gruppen auf dem Platz üben. Für Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge ist dies jedoch nicht der richtige Weg. Die Münchner Stars sollen weiter im „Home Office“ trainieren. Man wolle „auch hier Vorbild sein, weil ich das Gefühl habe, dass es immer noch Menschen gibt, die vielleicht nicht umfänglich verstanden haben, wie ernst die Lage ist“, betonte Rummenigge.

Um halbwegs Chancengleichheit zu haben, schlägt Trainerlegende Jupp Heynckes in der Hoffnung auf einen Liga-Restart zum 10. Mai vor, „die Spieler sofort für zweieinhalb Wochen in Urlaub zu schicken. Danach hätte jeder Verein die gleich lange Vorbereitungszeit.“ Umsetzbar ist das allerdings kaum.

So versuchen Vereine und Profis weiter, die Zeit mit (Heim-)Training einigermaßen sinnvoll zu nutzen. Oder die Fans zu unterhalten. Zweitligist Hannover 96 veröffentlicht ein „14-Tage-Buch“, in dem die unter Quarantäne stehenden Spieler aus ihrem Alltag erzählen. Da berichtet Torwart Ron-Robert Zieler vom vermeintlichen Fehleinkauf seiner Frau eines Tischtennis-Sets.

Über derartige Auswüchse kann sich Wolfsburgs Geschäftsführer Jörg Schmadtke nur wundern. „Ernsthaft? Das finde ich nicht richtig“, sagte er: „Es wäre gut, das Hamsterrad einfach mal anzuhalten. Zumal die Weisheiten, die der Sport hervorbringt, nicht immer der Weisheit letzter Schluss sind.“

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