Nachdenkliche Worte des Rio-Weltmeisters im Spiegel Zum Karriereende rechnet Schürrle mit dem Fußballgeschäft ab

Dortmund · Er gab die Vorlage zum Siegtor im WM-Finale: Rio-Weltmeister tritt mit nur 29 Jahren ab. Das Geschäft, das ihn groß und reich gemacht hat, hat ihn zermürbt.

  Mit nachdenklichen Worten hat Ex-Nationalspieler André Schürrle seine Karriere beendet.

Mit nachdenklichen Worten hat Ex-Nationalspieler André Schürrle seine Karriere beendet.

Foto: dpa/Ina Fassbender

Abrechnung zum Abschluss: Rio-Weltmeister André Schürrle hat mit nur 29 Jahren überraschend sein Karriereende verkündet und gleichzeitig die Fußballbranche scharf kritisiert. „Man muss ja immer eine gewisse Rolle spielen, um in dem Business zu überleben, sonst verlierst du deinen Job und bekommst auch keinen neuen mehr“, sagte Schürrle dem Spiegel. Im Fußballgeschäft zähle „nur die Leistung auf dem Platz“. Dabei dürften „Verletzlichkeit und Schwäche zu keinem Zeitpunkt existieren“, sagte Schürrle. Seine Erkenntnis: „Ich brauche keinen Beifall mehr.“

Schürrle offenbarte, dass er zuletzt oft einsam gewesen sei, gerade als „die Tiefen immer tiefer wurden und die Höhepunkte immer weniger“. Nach der Auflösung seines bis 2021 laufenden Vertrags bei Vizemeister Borussia Dortmund am Mittwoch machte Schürrle daher nun endgültig Schluss. „Die Entscheidung“, betonte er, „ist lange in mir gereift“.

Im Jahr nach seinem Wechsel von Bayer Leverkusen zum FC Chelsea feierte Schürrle seinen größten Erfolg. Mit der deutschen Nationalmannschaft wurde er 2014 in Brasilien Weltmeister. Im Finale gegen Argentinien bereitete er den einzigen Treffer von Mario Götze in der Verlängerung vor.

Bundestrainer Joachim Löw zollte seinem ehemaligen Schützling Respekt. Er habe ihn „bereits in seinen jungen Jahren als charakterstarken und vorausschauenden Spieler kennengelernt, der sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt hat“. Wie bei der WM 2014. Die Wochen in Brasilien seien „die geilste Zeit“ seines Lebens gewesen, sagte Schürrle. Die Nationalmannschaft hat er dabei immer „als Nest“ empfunden. „Es war eine Flucht aus dem Trott, den man Tag für Tag im Verein hat“, sagte Schürrle, der in seiner Zeit bei Chelsea in „ein tiefes Loch gefallen ist. Ich wollte nicht mehr Fußball spielen, ich war völlig am Ende.“

Schürrle kehrte 2015 in die Bundesliga zum VfL Wolfsburg zurück, 2016 wechselte er als Wunschspieler von Trainer Thomas Tuchel für 30 Millionen Euro nach Dortmund. Doch beim BVB erfüllte er die Erwartungen nicht, zuletzt war er an den FC Fulham und Spartak Moskau ausgeliehen. In den Medien wurde er teils als „ausrangierter Weltmeister“ bezeichnet. Diese Kritik hat ihn hart getroffen. „Darunter waren Sachen, die ich mir sehr zu Herzen genommen habe. Entweder ist man Depp oder Held. Dazwischen gibt es nichts“, erklärte Schürrle, der 57 Länderspiele (22 Tore) absolvierte.

Rücktrittsgedanken kamen daher immer wieder, daran änderte auch die Zusammenarbeit mit einer Mentaltrainerin nichts. Jetzt will er sich Zeit nehmen für sein neues Leben. „Eine neue Welt wartet auf dich“, sagte seine Frau Anna. „All das Geld, was ich verdient habe, ist eine enorme Erleichterung“, sagte Schürrle.

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