Das Verständnis wächst Der Fan-Widerstand bröckelt

Frankfurt · Anhänger-Organisationen haben mittlerweile Verständnis für Geisterspiele.

Der Widerstand gegen Geisterspiele ist gebröckelt, die Fan-Organisationen wollen aber bei den Notfall-Szenarien der Bundesliga mitreden – und machen sich Gedanken über den Profifußball nach der Corona-Krise. „Der Fußball muss den Spagat zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und wirtschaftlichen Interessen bewältigen und damit ganz besonders sensibel umgehen“, sagte Helen Breit, Vorstandsvorsitzende von „Unsere Kurve“, am Dienstag.

„Im Moment schauen wir alle wie mit einer Lupe auf den Fußball. Man sollte auch aus der Krise lernen und sie als Chance verstehen: Welche Schritte könnten den Fußball gesünder machen? Wie kann man das überdrehte Rad zurückdrehen?“, erklärte die Freiburgerin. Zu den im Mai angestrebten Geisterspielen in der 1. und 2. Bundesliga habe „Unsere Kurve“ derzeit „keine abschließende Position“, nachdem das Bündnis sie im März zu Beginn der Krise noch abgelehnt hatte.

Auch „Pro Fans“ mit seinen Ultra-Anhängern spricht sich nicht mehr gegen Partien ohne Zuschauer aus. „Das Verständnis für Geisterspiele hat sich weitgehend durchgesetzt in der Szene. Die Spiele würden – auch vor dem TV – bei weitem nicht so attraktiv sein wie mit einer vollen Hütte. Aber vielen Vereinen steht ja das Wasser bis zum Hals“, sagte „Pro Fans“-Sprecher Sig Zelt. Falls die Saison nicht beendet werden kann, würden den Clubs insgesamt rund 770 Millionen Euro an TV-Einnahmen verloren gehen.

Für Michael Gabriel, Chef der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), hat der Austausch zwischen Fans und Verbänden in der ungewissen Lage „größte Bedeutung“. Am Donnerstag gibt es eine Videoschalte der Ad hoc-Gruppe Fan-Institutionen und Verbände zu Corona, in der auch Präsidiumsmitglieder des DFB und der des Deutschen Fußball-Liga (DFL) vertreten sind. Gabriel mahnt: Bei den erwarteten Geisterspielen werde der Fußball einen „Kulturverlust“ erleben. „Der Fußball ist nur durch Fans das, was er ist. Daher müssten die Vereine sich um die Sorgen der Anhänger kümmern.“ Derzeit konzentrieren sich viele Fangruppen laut Gabriel „in beeindruckender Weise“ auf ihr soziales Engagement in Zeiten der Pandemie. Künftig würden die Anhänger aber auch ihre Kritik am modernen Profigeschäft wieder mit Aktionen deutlich machen.

Es gibt aber auch kritische Stimmen zu Geisterspielen mit den damit verbundenen aufwendigen Maßnahmen. So sind mehrere Fangruppen von Fortuna Düsseldorf gegen Massen-Tests auf das Coronavirus bei Wiederaufnahme des Spielbetriebs.

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