Union Berlin errackert sich ersten Bundesliga-Sieg Mentalität schlägt Qualität

Berlin · Aufsteiger Union Berlin schockt Borussia Dortmund mit viel Einsatz. Der 3:1-Heimerfolg ist der erste Bundesliga-Sieg.

 Union Berlins Marius Bülter bejubelt seinen zweiten Treffer zum 2:1, während es der Dortmunder Julian Weigl nicht fassen kann. Mit viel Kampf, Arbeit und Willen kauften die Eisernen dem favorisierten BVB den Schneid ab.

Union Berlins Marius Bülter bejubelt seinen zweiten Treffer zum 2:1, während es der Dortmunder Julian Weigl nicht fassen kann. Mit viel Kampf, Arbeit und Willen kauften die Eisernen dem favorisierten BVB den Schneid ab.

Foto: dpa/Paul Zinken

In dieser Verfassung dürften die Schnelllerner des 1. FC Union noch öfter zum Favoritenschreck werden. Angetrieben von einer beeindruckenden Kulisse im kleinen, aber feinen Stadion An der Alten Försterei machten die Eisernen das, wofür sie stehen: Fußballspielen mit großer Leidenschaft, viel Herz und unbändigem Willen. „Wir sind bereit zu investieren, hier ist ein Team am Arbeiten“, erklärte Trainer Urs Fischer: „Wir waren eklig.“ Mit einfachen Mitteln kauften die Berliner dem BVB den Schneid ab.

Der Jubel der Fans wollte nach dem 3:1 am Samstagabend gegen den Titelanwärter Borussia Dortmund nicht enden. Immer wieder hallten laute Freudenschreie durch das Stadion mit 22 012 Zuschauern. „Es war für uns ein Schlüsselspiel, das uns gezeigt hat, dass wir wirklich angekommen sind“, sagte Neven Subotic. „Heute haben wir gezeigt, wenn Dortmund oder andere Vereine auf dem Niveau kommen, dann werden wir denen nichts schenken“, betonte der Ex-Dortmunder.

Aus dem bitteren 0:4 am ersten Spieltag daheim gegen den aktuellen neuen Tabellenführer RB Leipzig hatten Fischer und seine Spieler die richtigen Schlüsse gezogen. Mutig, aber nicht verwegen stellten sie sich der hochkarätigen Dortmunder Mannschaft entgegen und besannen sich auf ihre Tugenden. Getreu dem Motto: Mentalität schlägt Qualität. „Man hat heute auch gesehen, dass die Berliner den noch größeren Willen hatten“, sagte BVB-Nationalspieler Julian Brandt.

Die Dortmunder liefen 7,2 Kilometer weniger als die Berliner – das ist umgerechnet ein halber Feldspieler. Auch in Sachen Tempoläufe (393:497) hatte der BVB gegenüber Union klar das Nachsehen.

Mann des Tages war Marius Bülter. So richtig könne er sich an die Emotionen nach seinem ersten Tor in der 22. Minute gar nicht erinnern, meinte er danach. Nur so viel: „Es war schon ein geiles Gefühl.“ Kein Wunder: Vor gut einem Jahr spielte der mittlerweile 26-Jährige noch für den SV Rödinghausen in der Regionalliga West. „Es ist schwer zu realisieren“, sagte Bülter, der mit seinem zweiten Treffer in der 50. Minute für die Vorentscheidung gesorgt hatte. Danach gelang dem Ex-Kaiserslauterer Sebastian Andersson (75.) das 3:1 – der erste Sieg der Köpenicker in der Bundesliga war damit perfekt.

Vier Punkte aus den ersten drei Spielen sind damit schon auf dem Konto des Favoritenschrecks. Überschätzen wollen die Stadtrivalen aus Köpenick ihren guten Start in die Premierensaison allerdings auch nicht. „Ein Signal an die Liga zu senden, davon sind wir sehr weit entfernt“, betonte Trainer Fischer.

Beim BVB war der Frust nach der ersten Niederlage seit der bitteren Derby-Pleite im April gegen Erzrivale FC Schalke 04 groß. Nach dem leidenschaftslosen und spielerisch erschreckend schwachen Auftritt moserte Nationalspieler Marco Reus: „Wir haben uns komplett dumm angestellt. Wir glauben wohl manchmal, dass wir nur mit unserer Qualität die Spiele gewinnen. Das muss schleunigst aus den Köpfen raus.“

 Dortmund offenbarte bei Standards mal wieder eklatante Schwächen, bei Kontern arbeiteten nicht alle Spieler mit nach hinten. Und das Offensivspiel erlahmte nach einer halben Stunde fast völlig. Selbst der schnelle Ausgleich durch den vierten Saisontreffer von Paco Alcácer (25.) sorgte nicht dafür, dass Dortmund das Spiel in den Griff bekam – im Gegenteil. „Wir haben die Geduld und Konzentration verloren“, kritisierte Trainer Lucien Favre.

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